
Truda hatte sich nicht ganz genau an Manjévs Anweisungen gehalten. Sie hatte den kleinen Käfig mit dem Eichhörnchen zwar hinauf zur Kemenate gebracht. Das Tierchen war sehr brav gewesen, ohne sich zu regen oder Lärm zu machen. Die Wächter, die den Korridor zu den Familiengemächern beaufsichtigten, schauten ihr neugierig entgegen.
„Nur ein weiteres Geschenk“, hatte Truda erklärt. „Ich bringe es nur rasch in die Stube und bin sogleich wieder bei der teirandanja.“
„Wir müssen es anschauen, Herrin. Ihr wisst schon, weshalb.“
„Selbstverständlich.“ Truda hielt den Männern den Käfig hin. „Es ist nichts Gefährliches drinnen, was entweichen könnte. Nichts, was der teirandanja schaden könnte.“
Das Hörnchen regte sich. Es setzte sich auf, fasste mit den Vorderpfötchen die Gitterstäbe und sah unfassbar niedlich aus. Mit blanken Äuglein blinzelte es die Wachen an.
„He!“, rief der eine aus. „Das ist doch das Viech von vorgestern Nacht!“
„Tatsächlich!“ Der andere nahm Truda den Käfig ab, um besser hineinschauen zu können. „Na, das geschieht dir recht! Hat dich wohl wer geschnappt, du kleiner Spielkartendieb!“
„Wovon redet ihr?“, fragte Truda verwirrt und nahm den Käfig wieder an sich.
„Nichts, Herrin. Von wem ist dieses Geschenk?“
„Von yarl Ycelia. Den Rest seiner Präsente wird wohl demnächst jemand hier herauf tragen.“
„Dann ist es wohl doch ein anderes. Hatte nicht gedacht, dass Schwärzlinge so häufig sind bei diesen Tieren.“
„Meinst du?“, fragte der andere zweifelnd. „Das wäre doch ein gewaltiger Zufall, oder?“
„Es kann nicht dasselbe sein. Überleg doch! Bis in den Wehrgang rein bin ich dem Biest nachgerannt.“
Das Eichhörnchen schaute von einem zum anderen. Truda runzelte die Stirn. „Worum geht es hier?“
„Nichts weiter, Herrin. Es ist nur so, dass vorgestern genau ein solches schwarzes Eichhörnchen nachts durch die Burg flitzte.“
„Vielleicht ist es dem yarl entwischt“, überlegte der erste Wärter. „Oder er hat es vorgeschickt, um die Burg zu erkunden.“
„Das ist doch albern!“
„Wieso? Wenn es zahm ist, dann hat es vielleicht einen Auftrag. Wie eine Brieftaube, oder …“
„Jedenfalls ist das Viech ins äußere Dachgebälk des südlichen Seitenturms entwischt – und lebensmüde bin ich nicht, da hinterdrein zu klettern!“
Truda musterte das Eichhörnchen misstrauisch. Ganz so abwegig erschien der Gedanke nicht. Im Roman vom Smaragdritter hatte selbiger einmal ein zahmes Hündchen in eine große Burg geschickt. Es sollte erspüren, wo die Rosendame gefangen gehalten wurde und ihn zu ihr führen.
Blödsinn, dachte sie dann. Es war kein Geheimnis, wo Manjévs Gemach war. Und Herr Madýc sah nicht so aus, als sei er auf solchen Listenreichtum angewiesen.
„Ich bringe es rasch hinein“, sagte sie. „Und ihr achtet darauf, dass niemand es heraus holt, bis die teirandanja und ich wieder da sind.“
Die beiden nahmen Haltung an. Truda ging hinüber zur Tür. Das Eichhörnchen machte einen Hopser, drehte sich in seinem Käfig und winkte mit dem erhobenen Schwanz. Für einen Lidschlag bildete das Mädchen sich ein, dass das Tier den Wachen frech seine kleine rosa Zunge zeigte. Aber das wäre nun wirklich albern und war sicher nur eine Täuschung.
Nachdem sie den Käfig los war, war Truda in den Hof geeilt und hatte versucht, das Gefolge aus Ycelia ausfindig zu machen. Das war gar nicht so einfach, denn zwischenzeitlich herrschte unerwartet viel Betrieb, obwohl es noch nicht Mittag war. Offenbar waren weitere Gäste eingetroffen, die Manjév begrüßen und mit kostbaren Geschenken überhäufen wollten. Überall standen gesattelte und herausgeputzte Pferde und fremde Männer und einige Frauen, die Geleite der Edlen, die wohl zwischenzeitlich in der Halle Schlange standen. Truda beneidete Manjév. Sie stellte sich vor, wie es wäre, selbst so prächtig hofiert und umworben zu werden. Das junge Mädchen schlenderte durch die Menge und grüßte huldvoll jeden, der ihr einen Blick schenkte. Was gab es hier alles zu sehen! Wie vornehm und fremdartig manche der Besucher aussahen und gewandet waren! Selbst wenn es sich hier nur um Dienerschaft und Knechte handelte, alle waren sie prächtig herausgeputzt und offensichtlich entschlossen, den bestmöglichen Eindruck zu machen.
Truda schaute sie sich gespannt nach der Gesandtschaft von Ycelia um, fand aber zunächst nur die wartenden Pferde, alles wuchtige Schimmel mit einem dichten, samtigen Fell. Sättel und Lederzeug waren, ähnlich wie Gewand und Rüstzeug des yarl, mit Spiegelplättchen besetzt. Wie prächtig das glitzerte. Und dort, der Herr mit der gedunkelten Haut – ob das ein Ritter aus Ivaál war? Das Mädchen ging an ihnen vorbei und bemühte sich, den jungen Mann und seine Knappen nicht allzu sehr anzustaunen. Tatsächlich, eine seltsame goldene Blume auf grünem Grund zierte den Schild des Ritters, der am Sattel seines Pferdes hing. Das Wappen kann Truda gut, denn in Ivaál hatte Osse studiert. Der Ritter schien ein wenig zu frieren, denn seine Gewänder waren eindeutig für wärmeres Wetter gemacht und so bunt und goldbestickt, dass ein Prachtvogel davon beschämt wurde. Die Knappen trugen wollende Umhänge über ähnlich prächtiger Aufmachung und beneideten ihren Herrn wohl nicht. Als der Ritter Truda bemerkte, verneigte er sich tief. Sie errötete ertappt. Hatte sie doch gestarrt? Sie grüßte rasch und eilte weiter.
Ob dieser yarl wohl weitläufig mit Merrit verwandt war? Zu schade, dass die jungen Männer auf sich warten ließen. Die hatten ihr so viele Fragen beantworten und sie sicherlich auch mit den Gästen unverfänglich bekannt machen können. Nun, sofern nichts sie aufgehalten hatte, dann wären sie mit etwas Glück spätestens morgen wieder da. Zeit dafür wurde es.
Truda eilte hinüber zum Turm. Vom oberen Treppenabsatz des Hocheingangs hatte sie einen viel besseren Überblick über den Hof und die Anwesenden. Eine Weile stand sie da und ließ ihren Blick über das Gewimmel schweifen. Wie lange konnte denn die Vorsprache nur dauern?
Nach einer gefühlten Ewigkeit tat sich endlich etwas beim Eingang zur Halle. Die Gesandtschaft von Ycelia verließ das Gebäude, der yarl voran. Er funkelte in der Herbstsonne wie ein klarer Edelstein und wirkte ausgesprochen zufrieden. Während die Gäste aus Ivaál nachrückten, strebten er und seine Leute ihren Pferden zu.
Wie? Wollte der yarl so rasch schon wieder aufbrechen? Wozu die Eile?
Fast wäre Truda die Treppe hinuntergehastet, um wenigstens einen der Knappen aufzuhalten. Aber gerade noch rechtzeitig entdeckte sie jemanden bei der Tür, der ihn nun überhaupt nicht passte. Was bei den Mächten wollte denn die opayra ausgerechnet jetzt auf dem Hof?
Die alte Dame hatte es nicht eilig. Sie bewegte sich gemessenen Schrittes voran und schaute sich mit strenger Miene unter den Gästen um. Vielleicht wollte sie sich davon überzeugen, dass es sittsam zuging und sich niemand in unangemessener Manier zeigte.
Unter diesen Umständen war Trudas Vorhaben sinnlos geworden. Unter den Augen der Hofdame konnte sie niemanden ansprechen. Nun musste sie warten, was Manjév berichten würde.
Manjév! Ach ja. Da war doch noch eine andere Sache gewesen. Das Mädchen wartete, bis die opayra von einer der anderen Damen in ein Gespräch verwickelt wurde. Dann lief es die Treppe hinab, an der Innenmauer entlang und in gebührendem Abstand, verborgen in der Menge, hinüber zur Küche.
Nachdem Truda von der Küchenmeisterin ein Schälchen Süßnüsse und Blütenkerne erbeten und erhalten hatte, eilte sie zurück zur Kemenate.
„Niemand ist hinein- oder hinausgegangen“, meldete der eine Wächter.
„Sehr schön. Ich füttere nur schnell das Tier. Passt ihr zwei nur gut auf!“
Die beiden nahmen Haltung an. Truda kümmerte sich nicht weiter darum und schlüpfte ins Zimmer. Das Eichhörnchen blickte ihr freundlich entgegen. Truda setzte sich seufzend an den Tisch.
„Ich glaube ja nicht, dass der yarl dich zum Spionieren vorgeschickt hat.“ Sie schob das Schälchen nahe ans Gitter, sodass das Tier heran langen konnte. „Wer weiß, was die Wachen da in der Nacht gesehen haben wollen. Hier. Nimm dir eine Nuss. Ich muss gleich wieder runter.“
Das Hörnchen machte keine Anstalten, sich zu bedienen. Aber es sah fast so aus, als höre es interessiert zu.
„Du musst dir keine Sorgen machen. Manjév behält dich sicher nur so lange, bis das vasposár vorbei und all die Leute abgereist sind. So höflich muss sie sein. Dann kannst du wieder in den Wald zurück. Manjév mag es gar nicht, wenn jemand Waldtiere einsperrt. Sie hat schon so viele Vögelchen wieder freigelassen.“
Das Eichhörnchen griff nach einer Nuss und knabberte, ohne den Blick abzuwenden. Truda lächelte. Wie lieb es war! Das Mädchen nahm die Aufmerksamkeit zum Anlass, weiter zu reden.
„Wenn die Sache vorbei ist, wird sich hier ohnehin einiges ändern. Hoffentlich entscheidet Manjév sich endlich für Merrit. Das wäre das Beste. Ich verstehe nicht, warum sie so kalt und abweisend zu ihm ist, bei allem, was er für sie tut und empfindet. Wenn sie ihn wählt, dann bleiben wir alle beieinander. Na ja. Wenn Manjév ihren hýardor hat, dann bekommen Tíjnje und ich ein anderes Zimmer. Vielleicht bekomme ich bald sogar nur eines für mich. Tíjnje hat nämlich schon einen hýardor, weißt du? Das ist aber geheim. Nun, eigentlich weiß es praktisch jeder, nur Herr Jóndere und seine hýardora haben es noch nicht gemerkt. Aber das ist kein Problem. Herr Jóndere hält sehr viel von Jándris. Wenn der nur nicht ganz so vorlaut wäre! Und Láas hat sich auch verliebt. Er sagt, er bringt seine hýardora her und will sie seinen Eltern nach dem vasposár vorstellen. Sie ist keine yarlara, nur ein Schankmädchen. Meinst du, das ist ein Problem? Ich hoffe doch nicht. Ich hab Láas nämlich gern. Der soll glücklich werden.“ Sie dachte nach und nahm sich dann selbst eine Süßnuss aus dem Schälchen. „Nur ich, ich weiß noch gar nicht, was werden soll. Osse schreibt mir immer, ich solle mir keine Gedanken machen und dass das Glück mich wohl finden werde. Aber ich glaube, er will nur nett sein, weil er mein älterer Bruder ist.“ Sie knabberte. „Ich bin so froh, wenn er wieder hier ist und nicht mehr so weit weg von Emberbey. Mein Vater … weißt du, kleines Eichhörnchen, ich glaube, mein Vater wird nicht mehr lange auf dieser Seite der Träume sein. Und ich glaube, jemand muss Venghiár auf die Finger schauen.“
Das Eichhörnchen spitzte die Ohren mit den lustigen Haarpinseln darauf. Truda überlegte, ob sie mit dem Tier ihre Gedanken über den Weitvetter teilen sollte, entschied sich aber, das Thema nicht sehr zu vertiefen. „Ich habe es gut“, ließ sie das Hörnchen wissen. „Aber ich mag es nicht, dass Raýneta in Emberbey ist. Nicht, solange Osse nicht in der Nähe ist. Es fühlt sich nicht gut an. Aber was rede ich? Der eine von yarl Ycelias Knappen, der große mit dem Zöpfchen, mit dem hätte ich so gern geredet. Glaubst du, während des Festes, da könnte ich…“
Truda verstummte rasch und sprang auf. Die Tür wurde geöffnet. „Danke, Herr Jóndere. Ihr könnt Euch entfernen. Richtet meinen Eltern aus, ich benötige nur ein paar Momente Ruhe. Ich lasse Euch rufen, wenn ich erfrischt bin!“ Manjév schlüpfte in die Kemenate, zog die Tür hinter sich zu und legte rasch den inneren Riegel vor.
„Manjév? Was machst du hier? Die Gäste …“
„Bleib mir vom Leibe mit den Gästen“, sagte die teirandanja. „Der aus Ghelazia ist sterbenslangweilig. Sein Sohn kommt gar nicht zu Wort. Ich hab behauptet, mir sei unwohl. Aber ich hab nicht lange Zeit, bevor sie noch die doayra mit irgendwelchen Elixieren herschicken.“ Sie kam näher und hakte das Törchen auf.
„Was machst du! Es läuft doch weg!“
„Nein, wird es nicht. Stell keine Fragen, Truda. Und du, komm raus, Dýamirée!“
„Dýamirée?“
Das Eichhörnchen schlüpfte aus dem Käfig und streckte sich. Dann sprang es mit einem weiten Satz auf den Vorhang an Manjévs Bett. Die teirandanja löste die Raffkordel, woraufhin der Stoff sich ein wenig ausbreitete. Truda schaute verdattert zu.
„Sie verwandelt sich nicht gern vor den Augen von Unkundigen“, erinnerte Manjév.
Truda nickte verwirrt. Dann begriff sie urplötzlich, was hier vor sich ging – und was sie da alles gerade gedankenlos ausgeplappert hatte. Sie konnte spüren, wie ihr das Blut heiß in die Wangen stieg.
„Danke, Manjév.“ Hinter dem Vorhang lugte die Schattensängerin hervor. „Sei gegrüßt, Truda. Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt. Ich wollte den Käfig nicht kaputtmachen, deshalb habe ich auf euch gewartet.“
„Nein“, stammelte Truda. „Sei gegrüßt, Dýamirée. Bei den Mächten, es ist so lange her …“
Dýamirée Lagoscyre lächelte. Truda ließ sich überwältigt und ungefragt nieder. „Du bist so wunderschön“, war das Ehrlichste und Dämlichste, was ihr in den Sinn und ehrfürchtig in den Sinn kam.
Dýamirée ließ sich auf Manjévs Bettkante nieder. Die teirandanja nahm auf Tíjnjes Lager Platz. So saßen sie einander gegenüber.
„Dýamirée, was ist passiert? Wieso hat yarl Ycelia dich gefangen?“
„Hat er nicht. Es ist eine lange Geschichte. Und widrige Umstände. Sonst wäre ich gestern mit Advon gekommen.“
„Mit Advon?“
„Hat er dir etwa nicht erzählt, was passiert ist?“
„Er war gar nicht hier.“
Dýamirée hob die Brauen. „Warum nicht? Ich meine – er hatte vor, hierher zu kommen und zu berichten.“
„Advon?“, fragte Truda überwältigt. „Advon Irísolor ist auch … ich meine …“
Sie fühlte sich von der Schattensängerin und der teirandanja angeschaut und brachte hervor: „Was wollt ihr hier? Ich meine … bei den Mächten, so meine ich das nicht! Es ist wunderbar, dass ihr hier seid, aber … warum?“
„Warum?“ Dýamirée wechselte einen beunruhigenden Blick mit Manjév. „Nun, du denkst doch nicht, wir lassen uns Manjévs Fest entgehen.“
„Als Eichhörnchen?“
„Bei den Mächten! Der Lärm, die Hunde heute Nacht – das war sicher Advon!“ Manjév sprang aufgeregt auf. „Hoffentlich ist ihm nichts passiert!“
„Wieso? Wovon redet ihr?“
„Die Hunde haben heute nacht jemanden angegriffen. Der konnte aber entkommen, ohne dass ihn jemand gesehen hat.“
„Bei den Mächten!“ Die Schattensängerin war sichtlich beunruhigt. „Wenn er nur keinen Unfug gemacht hat!“
„Unfug? Wobei?“
„Nun … er wollte ein Pferd kaufen. Heute Nacht.“
„Das ist ein seltsamer Zeitpunkt für einen Pferdehandel“, wagte Truda einzuwenden.
„Ich hätte es ihm gern ausgeredet. Aber der Ritter ohne Wappen … Manjév, wir wollten nachforschen, was es mit dem auf sich hat. Er kam mit Advon ins Gespräch und so erfuhr er von einem wohl äußerst begehrten Pferd.“
Truda seufzte. Dass sie unversehens in der Gesellschaft der Schattensängerin war, damit hatte sie sich abgefunden. Es war nicht das erste Mal geschehen, dass sie Dýamirée Lagoscyre und Advon Irísolor begegnet waren. Das Irritierende an dieserlei Begegnungen blieb, dass man sich mitten in Angelegenheiten geworfen fühlte, ohne Zusammenhänge zu erkennen. Es war müßig, das zu hinterfragen. Aber die Erwähnung eines nächtlichen Pferdekaufs, die stieß etwas in ihrem Gedächtnis an.
Noch bevor sie etwas dazu sagen konnte, wurde es draußen auf dem Hof unruhig.
„Platz!“, rief jemand. „Weicht zurück! Platz! Rückt beiseite!“
„Oje“, meinte Manjév. „Kommt Herr Madýc etwa schon wieder zurück?“
Truda erhob sich, um nachzuschauen. Aus dem Fenster hatte man einen hervorragenden Blick über den Hof.
„Da will nur jemand mit einem Karren durch. All die Pferde sind im Weg. Wie seltsam! Das ist ja Herr Andriér.“
„Mit einem Karren?“
Truda neigte sich weiter aus dem Fenster. Tatsächlich, yarl Altabete und zwei Bewaffnete eskortierten eine von einem Maultier gezogene Karre, einem von der Sorte, mit dem Material zum Turnierplatz transportiert wurde. Aber statt Holz, Stoff und Werkzeug war da nur eine Lage Stroh auf der Ladefläche. Und …
„Manjév? Schau selbst …“
Die teirandanja drängte sich neben sie. Der Karren wich dem Pulk aus wartenden Pferden aus und fuhr fast unmittelbar unter dem Fenster vorbei. Beide sahen sie ihn, einen jungen Mann in wappenlosem Waffenrock und leichtem Eisenzeug. Reglos und mit geschlossenen Augen lag er auf dem Stroh. Truda erkannte, dass seine Hände gebunden waren. Dass Umstehende neugierig gafften, statt auszuweichen, hinderte das Fahrzeug am Vorankommen.
Manjév schnappte entsetzt nach Luft. „Herr Andriér!“, rief sie herunter. „He, Herr Andriér! Was ist passiert? Ein Unfall?“
Der yarl, der bis gerade darauf bedacht gewesen war, niemanden umzureiten, hob den Kopf, entdeckte seine Herrin. „Möglicherweise eine Sorge weniger, Majestät. Nun müssen wir nur noch das Pferd finden.“ Dann öffnete sich endlich eine Gasse und es ging weiter. Der Wagen rollte über den Hof in Richtung Wirtschaftsgebäude, wo man einen Raum für die doayray eingerichtete hatte – für den Fall, dass auf dem Turnier jemand zu schaden käme.
„Er hat Unfug gemacht, nicht wahr?“, fragte Dýamirée Lagoscyre.
„Das finden wir heraus. Truda – geh los und hol Herrn Jóndere herbei. Ohne den kommen wir nicht weit.“
Die Schattensängerin erhob sich, stand auf dem Bett und breitete den Vorhang wieder vor sich aus.
„Ich komme mit“, entschied sie. „Bringt mich hin.“
Hinterlasse einen Kommentar