
Aus der Entfernung sah es aus, als züngele eine ungeheure Flamme an dem Gebäude empor – ein Anblick, der unerträglich für die Augen von Unkundigen war. Es begann am Fuß der Burg und setzte sich mit einer für ein natürliches Feuer viel zu hohen Geschwindigkeit die Mauern entlang gen Nachthimmel fort, hüllte den Cielástel ein wie ein Kokon aus wirbelnden Flammen, viel heller, als ein Feuer leuchten durfte. Diese Erscheinung war so hell, dass man sie noch in Aurópéa und bis weit in die Hügel hinein sehen konnte und davon geblendet wurde, blickte man zufällig in die Richtung.
Jene, die vor den Wassermassen aus der Stadt geflohen und auf dem Weg zur Burg waren, um die Regenbogenritter zur Rechenschaft zu ziehen, schlugen die Hände vors Gesicht. Entsetzt wandten sie sich von der unfassbaren Helligkeit ab, die ihnen da entgegenstrahlte. Einige warfen sich zu Boden und flehten zu den Mächten. Für einen Moment war es entlang der Wüste Soldesér taghell.
Die alten Chaosgeister, die sich auf die Stadt zubewegten und die Hügel beinahe schon erreicht hatten, wichen vor dem Strahlen zurück, etwa so wie ein überraschter Hund vor einer fauchenden Katze. Doch keiner hatte den Verstand, das Zeichen zu deuten. Die meisten von ihnen hatten überhaupt keinen wie auch immer beschaffenen Verstand. Es war ein rudimentärer, auf Destruktion und Unordnung gepolter Instinkt, der sie bewegte. Sie wankten, krochen und taumelten unbeeindruckt weiter. Einige der Monster, die Beine hatten, begannen, zu rennen. In den Hügeln waren Menschen, das konnten sie wittern. In etwas weiterer Entfernung gab es noch viel, viel mehr davon. Menschen durften nicht im Weltenspiel sein. Die mussten hinab, hinaus, hinfort. Die mussten mit ihnen ins Abseits kommen, lebendig oder nicht, zu den minderen Chaosgeistern, die dort zusammengepfercht waren und auf den Beginn einer neuen Partie warteten.
Das grelle Feuer mit dem überstarken Lichtschein verglomm so schnell, wie es gekommen war. Die Dunkelheit unter dem bedeckten Himmel und das verstörende Wetterleuchten senkten sich wieder über die Wüste, die Hügel und die überschwemmte Stadt. Es dauerte eine Weile, bis die Menschen auf dem Weg zur Burg es wagten, wieder aufzublicken, verängstigt und überrascht davon, noch am Leben zu sein. Aber als sie zum Cielástel hinschauten, war die Burg zu ihrer großen Verwunderung weder abgebrannt noch explodiert oder eingestürzt und geschmolzen. Der Schemen des Gebäudes mit den acht Türmen malte sich deutlich vor dem Glimmen in den Wolken ab. Aber etwas hatte sich verändert.
Der Cielástel schimmerte wieder. Allerdings nicht in der fluoreszierenden, verwirbelnden Farbenpracht, deren Anblick man sonst in der Nacht zu sehen bekam. Die Farben waren jetzt sortiert. Die Burg war gestreift. Das lag daran, dass die vier äußeren Türme, die man aus Richtung der Stadt kommend sah, nun jeder eine andere Farbe hatte, orange, gelb, grün, blau. Jeder Turm war am Fuß dunkel und verfärbte sich zur Spitze zu einem helleren Ton. Die Farben schienen zu vibrieren, zu pulsieren. Nur der mittlere Turm, der war dunkel geblieben. Man sah ihn als dunkle Masse die anderen überragen, erahnte ihn im Leuchten der anderen, aber er selbst leuchtete nicht.
Der Mob, der wild entschlossen aus der Stadt aufgebrochen war, war verunsichert, zögerte, sich weiter zu bewegen. Die Menschen bestaunten das Mirakel und flüsterten miteinander. Was immer bei den arcaval’ay geschah, es war unheimlich. Die bunte Burg schien ihnen plötzlich doch nichts zu sein, was man so einfach erstürmen sollte.
Aber da waren der Sand, und die Wassermassen, die Menschen und ihr Hab und Gut aus der Stadt herausspülten. Wenn das nicht aufhörte, dann würde das Wasser die Ebene um die Stadt durchweichen und die Senken zwischen den Hügeln zu Flussläufen werden. Die arcaval’ay mussten etwas dagegen unternehmen! Oder mit dem, womit sie es ausgelöst hatten, aufhören, ob fahrlässig oder vorsätzlich.
Erneut kam Bewegung in die Menge. Die längsgestreifte Burg glomm wie ein düsteres Leuchtfeuer. Hinter ihnen war das Wasser. Sie mussten sich beeilen, bevor …
… und da geschah auch schon das nächste Wunder. Von den Spitzen der Türme flog etwas hell strahlendes weg, stürzte sich in die Tiefe und schwang sich dann hinauf in die Höhe, umgeben von klarem, buntem Leuchten und goldenem Schimmer. Die arcaval’ay flogen auf ihren Einhörnern, umgeben von ihrem eigenen Licht, wirbelten zunächst um die Türme herum wie ein Schwarm Vögel, schwebten auf der Stelle wie Falken und schossen hin und her wie die Möwen. Die Menschen auf der Straße und jene, die in Aurópéa und in den Gärten auf den Hügeln zum Himmel schauten, konnten das Schauspiel unter dem Gewitterhimmel beobachten, und einige begannen, Pataghíu panisch anzurufen. Etwas Derartiges hatten sie selbst noch nie zuvor geschaut, und die Augenzeugen, die schon einmal, in einer bösen anderen Zeit diesen Anblick erlebt hatten, waren seit vielen Wintern hinter den Träumen . Die arcaval’ay sammelten sich über dem in Finsternis liegenden Turm und formierten sich, in die Ordnung, die sich ergab, wenn weißes Licht zerbrach und den Regenbogen schuf, wenn Pataghíus Glanz zur Farbe wurde.
Dann galoppierten sie los, mit eingelegten Lanzen und griffbereitem Schwert, in einem scharfen Knick und Sturzflug nach Süden, dorthin, wo die Gärten an Soldesér grenzten, dort, wohin die Chaosgeister strebten wie Ameisen nach verkleckerten Honigtröpfchen. Die Unkundigen warfen sich schreiend auf den matschigen Sandboden, als das Heer der Regenbogenritter über sie hinweg preschte, zu Dutzenden, zu Hunderten und mehr, und keine zwei von ihnen trugen die gleiche Farbe.
***
Ovidáol war einen ganz kurzen Augenblick lang nicht sicher gewesen, ob die arcaval’ay sich einmischen würden. Es war ohne Zweifel beeindruckend, wie die Kämpfer sich in dieser ungeheuren Zahl im Getümmel durcheinander bewegten, den dunklen Turm umschwärmten wie eine Wolke Stechkäfer, ohne dass ihre Einhörner einander in die Quere kamen. Wahrscheinlich wollten sie ein letztes Mal nach ihrer Meisterin schauen, sich ihrer Gunst versichern, bevor sie in eine weitere sinnlose Schlacht zogen. Das war ihre eigene Mission, denn sie flogen in einem spektakulären Manöver in Richtung Wüste ab.
Der Verfluchte schüttelte geringschätzig den Kopf. Es würde Elosál wohl kaum lange genug gelingen, die Magie zu nähren. Außerdem würden immer neue Chaosgeister nachkommen, nun, da die Pforte geöffnet war, zur Unzeit, aber doch weniger lästig, als es sich die Magier wohl dachten, die ihm hier so lächerlich trotzten. Sobald er mit denen fertig war, würde er sich einfach das Pferd aus dem Stall holen, sich das traurige Finale in aller Ruhe anschauen und die Kreaturen und seine neuen Gefolgsleute zusammentreiben. War es nicht ohnehin so, dass ein Fest erst richtig unterhaltsam wird, wenn es schon eine Weile andauerte? Nun, er würde als später Gast hinzustoßen und sich feiern lassen.
Aber zuerst … das hier.
Die fajía stand wie erstarrt, beide Arme zum Himmel ausgestreckt, als wolle sie die Sonne umarmen, die vielleicht im Süden bereits aufgegangen war. Bedauerlich, dass sich das unter der Wolkendecke nicht feststellen ließ. Der Sandregensturm, das Wetterleuchten, das aus irgendeinem Grund gerade jetzt losgebrochen war, passte so wunderbar zu seinem Plan. Sicher war es ein gutes Omen, ein Zeichen, das seinem Triumph voran lief. Offenbar war das Widerwesen von seinem Vorhaben angetan und zollte ihm durch diese Geste seine Gunst. Ja, Ovidáol war fast sicher, dass es angetan war von dem, was sein Antrieb war. Vielleicht hatte es ihm die alten Chaosgeister diesmal zugeteilt, als Dreingabe, nicht zu besiegen und zu vernichten mit all dem Kriegsgerät, das Unkundige im Weltenspiel im Einsatz haben mochten.
Doch die fajía regte sich nicht. Sie schien nicht einmal mehr zu atmen. Lediglich daran, dass ihre Augen noch glommen wie dunkles Gold, ließ sich darauf schließen, dass sie noch lebte. Nun, das konnte nicht mehr lange so gehen. Als sie die Chaosgeister das letzte Mal bekämpft und dazu die gesamte Kraft des Hellen Tages beschworen und dabei sogar die Grenzen verschoben hatten, waren die fajíaé zu fünft gewesen. Elosál allein konnte diese ungeheure Anstrengung nicht lange aufrechterhalten, das war unmöglich. Wenn die fajía all ihre Kräfte verschwendete, dann würde sich der Spuk mit ihrem albernen, kunterbunten Ritterheer erledigen, bevor es die Wüste erreichte. Wenn überhaupt, dann würden nur die ursprünglichen Sieben zurückbleiben, und die hatten keine Chance gegen die Übermacht der Chaosgeister. Die Chaosgeister würden sich erinnern, denn diese lächerlichen Wesen mit ihren goldenen Rüstungen und Waffen waren ihnen schon einmal lästig geworden. Das war nichts Neues. Vielleicht erinnerten sie sich noch an die alte Wut. Die alten Chaosgeister würden die Hellen Magier erledigen, und er würde sie nur noch einsammeln und vor sich hertreiben müssen wie eine Herde Schafe. Die minderen, die würden ihm freiwillig folgen. Aber dazu brauchte er den Stab. Und den Stern.
Und vor allem einen besseren Körper. Mit dem des alten Weibes, in dem er im Augenblick steckte, ließ sich auf Dauer nicht viel anfangen. Aber der andere, der des greisen sinor, der einst sein Vermögen in das falsche Grundstück investierte, der war auch nicht besser und beeindruckender. Ovidáol schaute sich um. Welchen der drei sollte er nehmen? Die Wahl war nicht einfach. Der báchorkor war ein mickriger Kerl, aber ganz offenbar verfügte er über die eine oder andere interessante Kraft, die er selbst noch nicht kannte und zu gern erkundet hätte. War das brauchbar, in der Kürze der Zeit? Oder war der Schattensänger besser?
Ovidáol überlegte. Den báchorkor zu besiegen und dann die okkulten Geheimnisse aus ihm herauszupressen, das hatte keine Priorität. Den camata’ay zu benutzen, sobald dieser Kampf gewonnen war, wäre jetzt die vernünftigere Option. Ein Schattensängerkörper war ihm vertraut, und wenn dieser Kerl da es zum Großmeister gebracht hatte, ließ sich mit seinen Fertigkeiten sicher eine Menge anfangen. Unter normalen Umständen musste dieser Mann beeindruckend mächtig sein. Immerhin hatte er es wohl fertiggebracht, einen Chaosgeist unvorbereitet lange genug zu bändigen, um mit dem Leben davonzukommen.
Ovidáol dachte nach. Der Schattensänger war entkräftet, und dass Elosál gerade jetzt ihren mächtigsten Zauber gewirkt hatte, war dem Dunklen Magier nicht gut bekommen. Ohnehin geschwächt und auf fremden, feindlichen Terrain, würde er den Stab nicht lange verteidigen können. Die Ausläufer von Elosáls Bann, obwohl nicht direkt gegen ihn gerichtet, hatten ihm beträchtlichen Schaden zugefügt. Der Schwarzgewandete war ächzend zu Boden gegangen und rang mühsam nach Atem. Armer Schattensänger. Ovidáol konnte sich gut vorstellen, dass der Bann sich angefühlt haben musste, als habe man kochendes Wasser durch seine Adern gegossen. Nun, es war ausgerechnet der Schüler seines alten Widersachers, den die Mächte ihm hier in die Hände gespielt hatten. Er müsste nur noch zugreifen. Aber war das der richtige Zeitpunkt? Oder sollte er dem nachtgeweihten Magier erst die Chance geben, den magischen Schock zu bewältigen? War es klug, ein fadenscheiniges Gewand anzulegen, um in eine Schlacht zu ziehen?
Der Verfluchte seufzte bedauernd. Nun, der Schattensänger konnte ebenfalls warten. Vielleicht wäre es das Vernünftigste, den nützlichen Idioten zu nehmen, der da schluchzend in die Knie gegangen war und mit gramverzerrter Miene die fajía anstarrte. Dass er sie nun unter gar keinen Umständen anfassen durfte, das wusste Cýelú Irísolor, so weit reichte sein Verstand über seine Emotionen hinweg. Es würde den Bann brechen, mit dem Elosál sich durch ihre bunten Kreaturen den Chaosgeistern entgegenwarf, um Unkundige zu beschützen, die ihr das nicht danken würden.
„Elosál”, brachte der Goldene hervor. „Elosál … warum? Warum schon wieder?”
***
Die Zeit stand still. Wahrscheinlich nicht tatsächlich, aber in seiner Wahrnehmung war es so. Nicht zum ersten Mal erlebte Galéon einen so seltsamen Zustand der Entrückung.
Was geschieht hier?, dachte er hektisch. Was muss ich wissen? Was soll ich tun?
Das Traumphantom antwortete nicht gleich. Es stand, unsichtbar für alle außer Galéons Augen, neben dem Schattensänger und betrachtete ihn auf eine Weise, die der báchorkor äußerst irritierend fand. Es sah aus, als würde es allzu gern zu dem angegriffenen Magier reden und sei frustriert darüber, dass es das offenbar nicht konnte. Der Schattensänger gab mit keinem Anzeichen zu erkennen, dass er sich der Gegenwart des geisterhaften Rotgewandeten bewusst war. Er schüttelte die ungeheure Erschöpfung ab, die es ihn gekostet haben mochte, Elosáls Lichtmagie standzuhalten. Dann musste er den Stab zu Hilfe nehmen, um wieder aufzustehen.
Bitte, bettelte Galéon um die Aufmerksamkeit des Traumphantoms. Ich stehe hier und gebe mir den Anschein, genau zu wissen, was ich tue, aber ich kann ihnen nicht helfen.
Der Unsichtbare schaute sich ruhig zwischen der alten Frau, dem Goldenen, dem Schattensänger und der Fee um. Dann erst schien er zu bemerken, dass Galéon zu ihm gesprochen hatte.
Das Monster im Körper der alten Frau darf den Stern nicht in die Hand bekommen. Du musst ihn verteidigen, so wie der hier versucht, den Stab zu verteidigen.
Wie lang soll das gehen?
So lange, wie die ehrwürdige fajía durchhält. Eine bemerkenswerte Magierin. Das Phantom ließ mit seinem Blick von dem Schattensänger ab und wandte sich der Großmeisterin zu. Ihr solltet es schnell beenden, fügte er hinzu. Sonst wird sie in ihrer eigenen Magie verglimmen, wie eine Kerzenflamme am Docht.
Beenden? Wie denn?
Ihr müsst zusammenwirken. Du, der Goldene und der Schwarzmantel. Alleine werdet ihr dem Verfluchten nichts entgegensetzen können.
Aber wie soll das gehen?
Das Traumphantom zuckte die Achseln. Das kann ich nicht wissen, und es ist einerlei, solange ihr den Wahnsinn stoppt und verhindert dass … was auch immer er tatsächlich geworden ist, die Gewalt über die Chaosgeister erlangt.
Kann er das überhaupt? Der Stab ist zerbrochen, und …
Wenn er sein Werkzeug nicht wieder herstellen kann, dann hätte er sich den ganzen Aufwand sparen können, meist du nicht auch?
Aber wie?
Was weiß ich? Ich war kein Schattensänger. Ich weiß nicht, wozu sie mit ihren eigenen Werkzeugen in der Lage sind. Ich habe solchen Plunder nie benötigt.
Es ist der Stern, nicht wahr?, fragte Galéon hektisch. Er braucht den Stern, um den Stab zu reparieren.
Möglich. Aber mach dir keine Gedanken darüber, dass du ihn hergebracht hast. Anderenfalls hätte er ihn sich ohnehin wiederbesorgt, bevor er hergekommen wäre. Ich denke, wenn es rings um seine Höhle nicht so unruhig gewesen wäre in der letzten Zeit, hätte er es bereits getan.
Bitte, flehte Galéon, gib mir wenigstens einen Hinweis, was ich tun kann! Die fajía kämpft an anderer Stelle, der Schattensänger ist verletzt und der Großmeister kann vor Seelenschmerz gerade nicht entschieden denken! Ich bin noch nicht so weit, um zu helfen!
Bist du beunruhigt?
Beunruhigt? Ich bin außer mir vor Panik! Das ist … viel zu viel für mich! Das hier ist keine von meinen Geschichten!
Das Traumphantom lächelte. Es schien unangemessen gelassen und belustigt.
Bringt den Verfluchten weg von hier, empfahl es. Sucht euch einen anderen Ort für den Kampf. Hier ist es zu gefährlich für die fajía und die Kinder. Den Kindern darf nichts geschehen.
Galéon seufzte entnervt auf. Offenkundig war das Traumphantom nicht gewillt oder nicht dazu fähig, ihm etwas Hilfreiches zu sagen. Aber es war da, war bei ihm. Es wartete. Es beobachtete. Eine neue Prüfung? Vielleicht die Letzte?
„Elosál”, schluchzte der Goldene. Die Alte, in der sich der Wille des Verfluchten eingenistet hatte, näherte sich dem Magier vorsichtig, bedacht. Ganz offensichtlich hatte er etwas Tückisches vor.
„Cýelú Irísolor, mein Freund”, sprach sie ihn an. „War es das wert? Hättest du deinen Auftrag ausgeführt, wie ich es sagte, Elosál hätte sich nicht opfern müssen. Dann hätte ich jetzt die Kontrolle über die Chaosgeister.”
„Die du selbst beschworen hast!”, ächzte der Schattensänger. Seine maghiscal zitterte und zuckte um ihn herum wie aufgestörtes Wasser, in das jemand einen kleinen Stein geworfen hatte.
„Die ich allein davon abhalten kann, planlos über das Weltenspiel auszuschwärmen. Wenn du mir endlich den Stab überlässt.”
„Hol ihn dir!”, forderte der Schattensänger die alte Frau auf und stand mühsam auf. Galéon entging nicht, dass der Schwarzgewandete völlig außerstande war, dem Verfluchten in seinem Zustand etwas entgegenzusetzen.
Die Alte zögerte. Dann wandte sie sich tatsächlich von dem Ritter ab und schlurfte zu dem Schwarzgewandeten hinüber. Der hob den Stab hoch und der Alten am ausgestreckten Arm entgegen. „Nimm.”
„Was tut Ihr da?”, fragte der báchorkor verwirrt.
„Nun, sie will dieses dumme Ding haben, das uns allen so viel Mühsal bereitet hat. Und ich, ich kann beim besten Willen nichts damit anfangen. Was soll ich mich damit länger belasten?”
Cýelú Irísolor erwachte aus seiner Starre. „Meister Yalomiro!”, rief er zornig aus. „Elosál hat Euch vertraut!”
„Nun, meine Tochter und meine hýardora sind in Sicherheit. Es gibt für mich keinen Grund mehr, auf den Stab aufzupassen. Ich bin nicht mehr erpressbar.”
„Gut so”, sagte die Alte. „Gib mir mein Eigentum zurück. Vielleicht lasse ich dich, deine hýardora und eure ekelhafte Ausgeburt am Leben. Vorerst.”
Der Ritter packte wütend sein Schwert und stand auf. Der Sand, der sich auf seiner Kleidung abgelagert hatte, rieselte in einer Staubwolke zu Boden. „Wenn Ihr das wagt …”
„Tu es”, sagte Siledaú gespannt. „Befreie dich von der Last der Verantwortung.”
Der Schattensänger warf Galéon einen beschwörenden Blick zu und lächelte finster. Dann streckte er den Arm mit großer Geste zur Seite aus.
Und ließ den Stab in den Abgrund fallen.
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