Der größte Spiegel, den Gor Lucegath auf die Schnelle in der Burg auftreiben konnte, stammte aus der Schneiderstube und war immerhin noch so sperrig wie ein Fensterladen, sehr schlicht und zweckmäßig in minderwertiges Holz gerahmt. Das musste vorerst reichen. Wer hätte gedacht, dass die teiranda dermaßen heftig auf den Verlust ihres Fensters nach Pianmurít reagieren würde? Dass sogar ihr Wunsch nach Gesellschaft für einen Moment ihre alten Sehnsüchte in einer solchen Verzweiflung hervorbrechen ließ, sobald er ihr diese ausdrücklich verbot, hatte er in dieser Intensität nicht kommen sehen. Was war das gewesen? Trotz? Ein Aufbegehren? Verzweiflung? Widerstand, wenn auch ziemlich lächerlicher? Er konnte es sich nicht recht erklären und hoffte, das neue Werkzeug würde seinen Dienst lange genug tun.

Was, wenn du scheiterst? Was, wenn du selbst das Ziel nicht mehr erreichst? Was wäre dann der Gewinn?

– Ich habe alles unter Kontrolle.

Was, wenn du dich selbst belügst? Wenn du am Ende doch zu erbärmlich bist, es zu vollenden?

Gor Lucegath seufzte. Auf dem Weg zur teiranda warf er einen Blick in dir Stube der Unkundigen. Da lagen sie beieinander auf einem mit Salbe, Blut und Wasser genetzten Laken und hielten sich gegenseitig eng umschlungen in einem ihm unzugänglichen, magischen Schlaf, der er scharf würde beobachten müssen. Für den Moment indes war es in Ordnung. Genauso hatte er es gewollt, und im Grunde genommen war es traurig, wie sehr er die Unkundige zu allem hinführen musste, was nötig war, um die Dinge geschehen zu lassen.

Der Rotgewandete stellte den Spiegel kurz ab und betrachtete die ujora. Er fragte sich, wie das Weltenspiel, aus dem sie hinaus und in die Arme des Schattensängers gefallen waren, ihren Willen und ihre Tatkraft so schwach, blind und müde hatte werden lassen – und warum. Wann immer er ihren Geist betrachtet hatte, vorsichtig, diskret, so sanft, dass sie es vermutlich nie bemerkt hatte, hatte er Potenzial darin vorgefunden, allerdings so verkümmert und vernachlässigt, fast verleugnet, dass die Verschwendung ihn geradezu ärgerte. Es war, als habe jemand einen kostbaren Baum gepflanzt und dann einen winzigen Kasten darum herum gebaut, auf dass niemals Licht herankam und seine Äste in die Enge wuchsen, bis sie verkrüppelten. Oder hatte sie selbst das getan? Ein Kasten, der Schutz, Versteck und Gefängnis zugleich war? Und aus dem nun ein kleines Ästchen hervorgebrochen war und sich verzweifelt dem Schattensänger, dem Gärtner entgegenstreckte?

Es war förmlich zu spüren, wie der Schattensänger sich im Fluss der Magie regenerierte, Kraft schöpfte wie eine fast verdorrte Pflanze, auf die nach langer Zeit endlich wieder Regen fiel. Aber diesem Wasser war nun etwas beigemengt. Etwas verunreinigte die Energie, die den camat’ay nährte, und stärkte sie zugleich auf eine beunruhigende Weise.

Eine ujora, die sich verzweifelt danach sehnte, geliebt zu werden. Ein Magier, dem seinesgleichen die Liebe hätte ausmerzen müssen. Was für ein geradezu lächerlicher Zufall! Nein. Kein Zufall.

„Was hast du vor mit den beiden, Noktáma?”, murmelte der Rotgewandete. „Und warum so umständlich?”

Liebe …

Er blickte eine Weile sinnend auf das in tiefstem Schlaf vereinte Paar. Die Magie strebte zu dem Schattensänger zurück, seine Erschöpfung nahm die Unkundige im Tausch dafür auf wie ein Schwamm. Gut. Das würde es einfach machen, morgen, spätestens übermorgen Nacht.

Über ihn hatte damals niemand gewacht, als er entkräftet gewesen war. Niemand hatte ihn umarmt. Niemand hatte sich um ihn gesorgt, um ihn geweint, für ihn gebeten. Niemand hatte ihn getröstet. Er war allein gewesen, damals.

Du bist nicht allein!

Gor Lucegath schauderte. Dann ließ er den Magier und seine Unkundige wieder allein. Eines nach dem anderen. Der Spiegel. Der yarl. Und dann … das Werkzeug.

Wäre er nicht so voller trüber Gedanken und Eifer gewesen, vielleicht hätte er der Katze mehr Beachtung geschenkt, die unter dem unter dem Bett kauerte.

***

Arámaú wagte sich aus ihrem Versteck, tigerte um die Schlafenden herum und war zutiefst verstört. Was immer zwischen den beiden geschah, es war ihr nicht zugänglich. Sooft sie versuchte, Yalomiros Geist zu erreichen, in seinen Gedanken zu ihm zu sprechen, sooft prallte sie daran ab.

Er versiegelte seine Seele vor ihr? Warum tat er das? Nie hatte er ein Geheimnis vor ihr gehabt! Und die Art, wie der Rotgewandete einfach nur an der Tür gestanden und still geschaut hatte, unbeweglich, wie entrückt – das war furchteinflößend gewesen.

Die Katze sprang auf die Matratze, beäugte verwirrt die innige Umarmung und den Fluss der Energie. Tatsächlich, offenbar war es ihm gelungen, Zugang zu Magie zu finden, die die Unkundige für ihn bewahrt hatte. Wie umständlich. Sie selbst hätte es so viel schneller tun können, mit einem ganz einfachen Zauber.

Aber sie hatte es nicht getan. Augenblicklich hätte der Rotgewandete ihre Anwesenheit bemerkt, hätte sie die Katzengestalt aufgegeben, die ihre maghiscal band. Wäre das ein Risiko gewesen, das ihm und ihr genützt hatte? Wahrscheinlich war es tatsächlich ein Segen, dass die ujora keine Ahnung hatte, was sie da tat.

War Yalomiro allein in seiner Seele? Was, bei Noktáma, ging hier vor? Was war das für ein seltsamer Beiklang, der die fließende Magie durchdrang? Der sie veränderte, auf eine subtile, unverständliche und ganz und gar unauflösbare Weise, wie Salz, das sich in Wasser löste?

Arámaú schaute zu und dachte nach. Yalomiro wurde wieder mächtig. Was immer geschah, Noktáma hieß es gut. Noktáma war am Zug. Bald würde der Magier sich im Weltenspiel nach ihrem Willen bewegen und wirken.

Die camat’ayra seufzte, kletterte über die beiden hinweg. Sie sah erleichtert, wie die Wunden auf seinem Körper nach und nach verblassten, das verletzte Fleisch sich schloss, mit Ausnahme jeder furchtbaren Narbe über seinem Herzen, die dadurch nur noch schrecklicher hervorstach. Bald würde er in der Lage sein, dem Rotgewandeten gegenüberzutreten. Aber was würde dann werden?

Arámaú seufzte und rollte sich auf dem Kissen zusammen, oberhalb ihrer Häupter.

Ich bin bei euch, dachte sie. Ich passe auf, dass euch niemand stört, was auch immer gerade an Magie zwischen euch wirkt.

***

Als Gor Lucegath die Räume der teiranda betrat, wollte eine der Dienerinnen an ihm vorbeihuschen. Er vereitelte das, indem er den Spiegel in ihren Weg schwenkte und sie damit zurück in das Zimmer trieb. Das Mädchen wich in den hintersten Winkel der Kemenate aus, wo bereits ihre ältere Kameradin stand und beim Anblick des Rotgewandeten zitterte.

Die teiranda bemerkte es nicht. Sie saß vor dem Spiegelrahmen und schaute ins Leere.

„Ich bin erstaunt über Eure Unüberlegtheit, Majestät”, sagte er und lehnte den neuen Spiegel an die Reste des alten. „Was habt Ihr Euch dabei gedacht? Könnt Ihr Eurer Verlangen tatsächlich nicht mehr zügeln?”

„Ich hatte gehofft, diesmal wäre es so weit …”, murmelte sie.

„Und ich hatte Euch gesagt, dass ich es Euch nicht erlauben kann, diesen Mann zu behelligen, bevor ich mit ihm zu einem Ende gekommen bin. Ganz abgesehen davon, dass der yarl offenbar schon seine Aufmerksamkeit für eine andere Dame reserviert hat. Dagegen kann nicht einmal ich etwas ausrichten. Die Mächte haben nicht schlicht nicht ihn zu Eurem hýardor bestimmt. Ihr macht Euch ohne Not unglücklich, zumal Ihr nur noch ein klein wenig Geduld haben müsst, bis Euer Glück erwacht. Verderbt doch nun nicht Eure Zukunft mit kopfloser Eile.”

Sie schaute ihn ausdruckslos an. „Ach, ich weiß nicht…”

„Ihr denkt über zu viele ungute Dinge nach, Majestät. Aber sorgt Euch nicht. Bald wird wieder alles seinen Lauf gehen. Bis dahin, macht Euch mit Eurem neuen Spiegel vertraut. Und lasst irgendwo einen Größeren anfertigen. Den hier hat mir vorerst der Schneider überlassen.”

Die junge Kammerfrau gab ein erschrockenes Wimmern von sich. Gor Lucegath hatte am Rande seiner Wahrnehmung der unwichtigen ujoray auf der Burg durchaus bemerkt, dass Kíanás Dienerin eine zarte Liebelei zu dem Kleidermacher pflegte. Vermutlich befürchtete sie nun, er habe sich den Spiegel mit Gewalt genommen. Nun, mochte sie das eine Weile annehmen und demütig sein.

„Und was euch beide betrifft”, wandte er sich warnend an die Kammermägde, „so wünsche ich, dass ihr eure Herrin die nächsten beiden Tage keinen Moment lang aus den Augen lasst. Wenn sie schläft, werdet ihr beide wachen. Wenn sie diesen Raum verlässt, werdet ihr nicht von ihrer Seite weichen. Wenn eine von euch etwas zu besorgen hat, möge die andere sich einen Gehilfen zur Verstärkung holen. Sollte so etwas wie vorhin noch einmal geschehen, werde ich es zu bestrafen wissen. Habt ihr das verstanden? An euch selbst oder jemandem, der an eurer Stelle meinen Unmut zu spüren bekommt.”

Die Frauen erschauderten vor ihm. Eine Antwort wagten beide nicht. Sie duckten sich vor seinem Blick und wagten kaum, zu atmen.

„Das gilt auch für Besuche. Die yarlay oder Mägde und Knechte zu ihrer Bedienung mögen zu ihr kommen, aber ich wünsche nicht, das die Anwesenheit der fremden fánjula die teiranda über die Maßen aufregt.”

Nun hob Kíaná von Wijdlant den Kopf. „Sie auch nicht? Warum?”

„Weil die Unkundige noch nicht dazu bereit ist, Euch zu begleiten. Noch nicht. Geduldet Euch nur noch eine kleine Weile, Herrin. Bald wird sie Euch angemessene Gesellschaft leisten. Dann seid Ihr nicht mehr so einsam, wenn die verzagten Gedanken über Euch kommen. Schaut nun in den Spiegel.”

Er zog einen Stuhl heran und stellte den Spiegel darauf, sodass die teiranda von ihrem Sitzplatz am Frisiertisch hineinschauen konnte. Sie blickte hinein, mit leeren hellen Augen über hohlen Wangen und einem missmutigen Mund. Dann begann sie unwillkürlich, ihr strähniges Haar zurechtzuzupfen.

Das Spiegelglas erblindete. Alles, was in ihm widergeschienen war, das Zimmer, die beiden Dienerinnen und er selbst, verzog sich innerhalb des Rahmens wie verfliegender Dunst. Die Frauen grausten sich. Der Magier war zufrieden. Für den Moment war dieser lose Faden gesichert.

***

Er wartete noch eine Weile, amüsierte sich im Stillen über das Entsetzen der Zofen und machte sich dann auf die Suche nach den yarlay. Er fand die Herren versammelt im Amtszimmer des mynstir Daap Grootplen. Die drei Ritter waren verdächtig gefasst, als er den Raum betrat.

„Wieso seid Ihr noch hier, Altabete?”, fragte Gor Lucegath und ließ sich ungefragt in einem der Sessel nieder, die dort um das Schreibpult des mynstir herum standen. „Ich hatte angenommen, Ihr hättet nichts Eiligeres zu tun, als euren alten Freund Althopian aus Wijdlant heraus zu eskortieren, wie ich Euch gebeten habe?”

„Ich hoffe, zuvor noch einige Worte mit Euch wechseln zu können”, gab der Ritter zu. Er war reisefertig gekleidet. Seinen Helm hielt er unter dem Arm.

„So sprecht. Noch habe ich einen Augenblick Zeit.”

„Meister … ich musste erfahren, dass meine hýardora einen Sohn geboren hat.”

„Vor einem Winter und dem halben Sommer, das ist richtig.”

Andriér Altabete schwieg. In den Augen des Ritters standen viele unbehagliche Gedanken.

„Falls das Eure nächste Frage sein sollte, edler yarl: Ja, Ihr seid in der Tat der Vater.”

„Woher …”

„Ich muss nicht persönlich neben Eurem Lager stehen, um zu wissen, was Ihr in Eurem Haus treibt. Wenn Ihr dennoch Zweifel an der Treue der Dame habt, ist das Eure Sache.”

„Nie würde ich meiner Dame Untreue unterstellen!”

„Was treibt Euch dann um?”

„Warum hat mir niemand davon berichtet?”

„Ist das etwa meine Aufgabe oder die der teiranda? Man sollte meinen, die Mutter selbst habe nichts Eiligeres zu tun, als andere an ihrem Glück teilhaben zu lassen. Eure Dame wird einen Grund dafür gehabt haben, Euch nicht in Kenntnis zu setzen. Vermutlich wollte sie Euch nicht beunruhigen. Wie oft nehmen die Mächte die Kindlein aus dem Weltenspiel, bevor sie auf ihren Beinen stehen können. Wäre das nicht traurig, wäret Ihr dorthin geeilt, nur um einen kleinen kalten Körper zu finden?”

„Bei den Mächten”, wisperte yarl Altabete erschrocken.

Der Rotgewandete lächelte aufmunternd. „Ihr mögt es mir glauben oder nicht, edle Herren, aber in all den Sommern und Wintern, die die Mächte mir bislang zugemessen haben, habe ich niemals ein Kind mit meinem Tun behelligt. Bislang. Also, Herr Andriér, was habt Ihr auf dem Herzen?”

Der Ritter benötigte mehrere Anläufe, bevor er wieder frei sprechen konnte. „Meister, ich erbitte von Euch, meine Dame und meinen Nachkommen sehen zu dürfen. Lasst mich in mein Haus reisen und nach dem Rechten sehen. Selbstverständlich, nachdem ich Althopian zur Grenze gebracht habe”, beeilte er sich, hinzuzufügen.

„Nein.”

Altabete regte sich impulsiv. Grootplen legte ihm rasch beschwichtigend die Hand auf die Schulter.

„Warum nicht, Meister?”, fragte der mynstir. „Selbst ich hatte vor einigen Tagen die Gunst, in Eurer Begleitung nach meinen Lieben schauen zu dürfen.”

„Ich muss mich vor Euch nicht erklären. Lasst es genug sein, zu wissen, dass ich auf Eure Anwesenheit in der nächsten Zeit nicht verzichten will und kann.”

„Aber …”

„Eure Burg, yarl Altabete liegt, wie Euch allen bekannt ist, in einer gänzlich anderen Himmelsrichtung als die Nordgrenze von Wijdlant. Eine anschließende Reise dorthin würde über die Gebühr Zeit verschlingen.”

„Warum schickt Ihr dann nicht einfach mich?”, schaltete Jóndere Moréaval sich ein. „Mein yarlmalón liegt auf dem Weg. Wäre das nicht viel sinnvoller, um yarl Althopian zu geleiten?”

„Weil, Herr Jóndere, ich mir in Eurem Fall alles andere als sicher wäre, dass Ihr anschließend mit der gebotenen Eile wieder zurückkehrtet. Ihr würdet Euch als braver Sohn wohl kaum freiwillig wieder von Eurer Frau Mutter trennen können. Möglicherweise würde die Dame sogar um ihr Leben versuchen, Euch von Euren Pflichten abzuhalten, vielleicht dazu drängen, mit Althopian nach Norden zu ziehen. Wollt Ihr riskieren, dass der hochedlen eld-yarlara das Herz darüber bricht? Der Norden bekommt Eurer Familie nicht, das solltet Ihr begriffen haben.”

Der junge Ritter strich sich in sachter Verzweiflung über die Augen.

„Also, Herr Andriér, was hält Euch jetzt noch zurück? Yarl Althopian ist sicher längst zum Aufbruch bereit.”

„Meister … was soll ich tun, wenn er mir Fragen stellt?”

„Fragen?”

„Fragen über die teiranda und über … über die Dinge, die uns an Wijdlant binden? Was, wenn er fragt, warum ich ihn nicht noch weiter begleite?”

„Nun, sagt ihm die Wahrheit. Dass es die Treue zu Eurer teiranda ist, die Euch an diesem Ort unabkömmlich macht. Oder meinetwegen auch die Sorge darum, dass Euer Ungehorsam jemandem, der Euch lieb und wert ist, nicht bekommen wird. Aber strenggenommen braucht ihr ihm das nicht noch einmal zu erzählen. Er weiß es bereits von mir, in etwas gewählteren Worten. Waýreth Althopian ist ein scharfsinniger Mann. Er wird Euch nicht mit peinlichen Fragen in Verlegenheit bringen.”

„Ich verstehe.”

„Und schlagt Euch den Gedanken aus dem Kopf, er könne in irgendeiner Weise etwas an den Dingen verändern, wie sie sind. Ändern werden die Dinge sich erst, wenn sich alles zusammengefügt hat.”

„Was hat es mit dem Schwarzmantel in der Kemenate der fremden fánjula auf sich?”, fragte yarl Moréaval. „Warum lasst Ihr den am Leben? Wo kommt er überhaupt her?”

„Ich wäre überrascht, wenn einer von Euch mir zu bestimmen hätte, wen ich hinter die Träume bringe und wen nicht.”

„Und wenn Althopian danach fragt? Seine junge Dienerin hat den Mann doch gesehen!”

„Und wenn dem so wäre? Ich habe keine Geheimnisse vor yarl Althopian, was das betrifft. Ihr seht, edle Herren, es gibt keinen Ansatz zu denken, es gäbe irgendetwas, was man mir als Schwäche auslegen könnte.”

Die Männer wechselten Blicke miteinander, die er nicht deuten konnte. Das beunruhigte ihn.

„Dann lauft nun zu, yarl Altabete. Bringt Althopian zur Grenzstraße am Nordrand von Wijdlant und kehrt anschließend hierher zurück. Eine Übernachtung im Haus von Herrn Jóndere sei Euch, um der Höflichkeit willen, zugestanden. Redet so viel, wie Ihr müsst, aber sorgt dafür, dass Euch nichts Unnötiges über die Zunge kommt. Ihr wisst, dass mir nichts entgeht, was auf dem Grund der teiranda gesprochen wird. Weder private Lüsternheiten noch unbedachte Rede.”

Der Ritter setzte seinen Helm auf, ein Missgriff angesichts dessen, dass er sich in einem Zimmer aufhielt. Vermutlich sah er diese lächerlichen Geste als einzige Möglichkeit, den Zorn in seinem Gesicht verbergen. Er verneigte sich wortlos und wollte den Raum verlassen.

„Ein Wort noch, yarl Altabete. Sagt es mir im Aufrichtigen: Ehrt und schätzt Ihr die teiranda? Seid Ihr der Dame treu ergeben und würdet, ohne zu zögern, für sie sterben?”

Er blieb stehen, ohne sich umzuwenden.

„Oh, das ist keine Fangfrage. Ich frage es rundheraus, weil es mich interessiert, in diesen seltsamen Tagen.”

„Wir alle haben der teiranda geschworen, sie zu verteidigen und ihr zu dienen, egal, was kommen möge”, klang es dumpf unter dem Helm hervor.

„So, wie es alle yarlay ihren teiranday schwören”, setzte Moréaval hinzu. „Ihr kennt das Gebot.”

„Das ist letztlich der Grund, weswegen wir alle noch hier sind.”

„Egal, wer ihr Glück und ihr Leben bedrohen mag?”, hakte der Rotgewandete nach.

Nun schwiegen die drei. Er wusste, was sie sich dachten.

„Nun?”

„Wenn Ihr unserer teiranda etwas Böses antut”, sagte Daap Grootplen bedacht, „werden wir unsere Schwerter gegen Euch erheben, und wenn wir im selben Moment dafür sterben müssten.”

„Das wollte ich hören. Es ist gut, zu wissen Euch Herren im gegebenen Moment auf meiner Seite zu haben.”

Andriér Altabete gab sich einen Ruck und schritt wortlos aus dem Raum. Jóndere Moréaval eilte ihm nach. Zweifellos hatte der junge Mann einiges auf dem Herzen, was er seiner Mutter ausgerichtet wissen wollte. Daap Grootplen zögerte einen Moment, unschlüssig, ob er seine eigene Amtsstube verlassen und den Magier darin zurücklassen sollte.

„Geht nur”, sagte der Rotgewandete freundlich, und der mynstir flüchtete aus seinem Blickfeld.

Gut liefen die Dinge. Sehr gut sogar.