
Gor Lucegath war nicht nach Wijdlant zurückgekehrt. Noch nicht. Es gab Dinge zu besprechen, die die Unkundigen nichts angingen. Er beschwor ein blutrotes Licht herauf, kaum größer als ein Hühnerei, und ließ es in der Leere schweben.
Yalomiro folgte dem Schimmern mit den Augen und wartete.
„Ich muss sagen”, brach der Rotgewandete das Schweigen, „ich bin beeindruckt, wie exzellent es dir gelungen ist, die unkundige fánjula an dich zu binden. Mehr oder weniger versehentlich und stümperhaft, wie es mir scheint, aber doch mit meisterlicher Kunst.”
„Ihr wisst, dass das nicht wahr ist. Ich habe sie nicht an mich gebannt.”
„Wahr ist nicht das, was du zu wissen glaubst, sondern was tatsächlich geschehen ist. Das arme Ding ist außer sich vor Angst um dich. Zu Recht. Aber was mag sie nur an dir finden, wenn es kein geläufiger Zauber ist?”
„Ich weiß es nicht.”
„Gefällt es dir, dass sie so sehr an dir hängt?”
„Sie bringt sich in Gefahr.”
„Danach habe ich dich nicht gefragt. Also?”
Yalomiro senkte den Blick. „Ja. Ihre Nähe … fühlt sich gut an.”
Der Rotgewandete schwieg unergründlich.
„Und nun? Was habt Ihr Euch ausgedacht? Was soll mit mir werden?”
„Es liegt an dir, wie es nun weitergeht. Entkommen kannst du mir hier jedenfalls nicht. Ich werde warten.”
„Ihr meint, Ihr werdet Euch zurückziehen, um Euch zu heilen?”
„Ja”, gab der Rotgewandete zu. „Ich könnte dir nicht verheimlichen, wie es momentan um mich steht. Es hat mich enorme Kraft gekostet, dich aus Noktámas Domäne hervorzuholen. Aber du musst dich nicht um mich sorgen. Ich habe dies schon mehrfach durchgemacht. Ich benötige lediglich einen Moment der Ruhe. Ich brauche keine naive Unkundige, von der ich Lebenskraft borgen müsste. Allerdings ist es auch nicht damit getan, dass ich ein paar Nächte lang die Gestirne anstarre.”
„Sagt mir wenigstens, was Ihr Euch von dem hier versprecht. Ihr wisst, dass ich Euch das Artefakt nicht besorgen werde, was immer Ihr mit mir tut. Ihr werdet meinen Willen mit Schmerzen nicht brechen. Wir können uns das hier ersparen.”
Der Rotgewandete spielte gedankenverloren mit dem Licht. „Vielleicht braucht es nur ein bisschen Zeit, um deine Meinung zu ändern? Zeit spielt für mich keine Rolle, wie du dir denken kannst.”
„Dann kommt es wohl nur darauf an, wer von uns beiden den längeren Atem hat?”
„Zuvorderst, Yalomiro Lagoscyre, fragt es sich, wie lange deine Unkundige standhalten wird, die sich gerade in purer Dummheit und aus freien Stücken als Geisel in meine Gewalt gebracht hat. Sie hat es für dich getan, möglicherweise unter dem Fluch, der von dir ausstrahlt. Wer weiß?”
„Zum letzten Mal, Gor Lucegath, ich habe sie nicht mit Magie an mich gebannt, und unser Fluch prallt an ihr ab. Alles was sie tut, geschieht aus ihrer eigenen Überzeugung. Ich habe es nicht nötig, in einem unkundigen Geist herum zu pfuschen, wie es Euch offenbar Vergnügen bereitet.”
Der Rotgewandete lächelte, ohne darauf einzugehen,
„Du bist mir nur unversehrt von Nutzen, das hast du dir damals klug ausgedacht. Aber hast du deiner Unkundigen genug von deiner Kraft abgegeben, vergangene Nacht?”
„Lasst die Unkundige aus dem Spiel! Sie steht ebenso unter dem Schutz meines Zaubers wie ich selbst. Wenn Ihr sie antastet, wird mein Wille sich niemals öffnen.”
„Du könntest es dir so viel unkomplizierter machen, wenn sie dir gleichgültig wäre. Was schert dich das Schicksal, das Wohlbefinden, das Leben einer Unkundigen, Yalomiro Lagoscyre? Du bist ein Magier. Ihr habt nichts, überhaupt nichts, was euch verbindet.”
„Ich bin zuvorderst ein Mensch. Und da ist sehr wohl etwas, das …” Er unterbrach sich, wie irritiert, und schaute ins Leere.
„Wieso zögerst du?”
Yalomiro schlug den Blick nieder. „Ich weiß nicht, was da ist. Ich kann es nicht benennen.”
Meister Gor lachte müde. „Also ist da doch ein Gefühl, dass du noch nicht so recht begreifst, das aber schon Gewalt über dein Denken und Handeln gewonnen hat. Eines, von dem du gerade selbst eingestanden hast, dass es dir angenehm ist. Ich sehe, womit ich dich in der Hand habe, Yalomiro. Und glaube mir, auch das ist ein Spiel, dessen Regeln ich allzu gut kenne. Vielleicht sogar eines, das mir für einen Moment weit wichtiger sein könnte als das ay’cha’ree. Ich muss mich zügeln, um mich nicht davon ablenken zu lassen. Wie leicht könnte jemand Schaden nehmen.”
Ein zorniger Silberschimmer zuckte über die Augen das Schattensängers. „Hütet Euch, die Unkundige anzutasten. Noktáma hat sie hergeschickt!”
„Was interessieren mich hierbei die Mächte? Du bist es, der seine eigene neue Schwäche anmaßend vor sich herträgt, auf dass jeder sie ausnutzen mag, dem danach ist.”
„Wie bitte?”
„Bilde dir nicht ein, mir wäre entgangen, was diese Unkundige, welche Macht auch immer sie hergebracht hat und aus welchem bizarren Grund heraus, zwischenzeitlich mit deiner Seele angestellt hat. Ich weiß es, Yalomiro, ich weiß genau, was mit dir geschehen ist.”
„Dann lasst mich nicht rätseln und sagt es mir!”
„Du liebst sie.”
Yalomiro lachte bitter auf. „Ich bin ein Schattensänger. Ich kann nicht lieben. Das wisst Ihr ganz genau, und Ihr wisst auch, wieso!”
„Wenn du um Worte feilschen willst, käme es dir entgegen, wenn ich sage, dass du dir einen Fluch zugezogen hast? Oder den Keim einer fatalen Krankheit? Oder einen Hieb wie von einer scharfen Waffe, die deine Magie gespalten und die bedauerliche Lücke in deiner Seele freigelegt hat?”
„Redet Ihr gerade im Scherz oder im Wahnsinn?”
„Spätestens in dem Moment, in dem sie bereit war, ihr Leben für das deine zu geben, in jener Nacht auf dem Gipfel des Montazíel, als du es angenommen hast, war es um euch beide geschehen.”
Yalomiro folgte ihm mit den Blicken, soweit es ging. Der Rotgewandete umkreiste ihn mit müden Schritten.
„Hattet Ihr etwas damit zu schaffen?”
„Nein. Zumindest nicht von Anfang an. Das Verderben ist bereits in dem Moment über euch beide gekommen, als sie diese Welt betrat. Ich habe die Dinge lediglich etwas … beschleunigt.”
„Was soll das heißen?”
Gor Lucegath zuckte die Achseln. „Hattest du mich nicht selbst gefragt, was die ganze Posse auf dem Montazíel wirklich zu bedeuten hatte? Nun … es war der Moment, in dem eure Seelen einander tatsächlich berührt haben. Der, in dem sie sich für dich entschieden hat, als sie davon überzeugt war, dass ich dich töten würde.”
„Aber …”
„Und es war zugleich der Moment, in dem du deinen Verstand, deine Unschuld und deine Magie zuschanden gemacht hast. Ich vermute, du kannst dir in deinen kühnsten Vorstellungen nicht ausmalen, wie verletzlich du dadurch geworden bist. Was sind meine bescheidenen Fertigkeiten gegen die Qualen, die die Liebe selbst dir bereiten wird?”
„Das ist Liebe? Das ist dieses Etwas, das Unkundige als ihr höchstes Gut preisen?”
Meister Gor nickte. „Manchmal, Yalomiro Lagoscyre, wächst dieses etwas langsam und still. Manchmal kommt es wie ein Blitz. Es ist die Kraft, die du in der Unkundigen spürst, seit jenem Augenblick, in dem du ihr begegnet bist. Glaubst du, sie hat sich gegen den Weltenschlüssel entschieden, weil es ihr so gut gefällt in dieser Welt, in der sie bislang nur Fassade und Verrat gesehen hat? Weil sie sich hier eine bessere Zukunft erhofft als dort, wo sie hingehört? Nein, Yalomiro, sie hat es getan, weil ihr törichtes Unkundigenherz einen Narren an dir gefressen hat. Und soweit ich es beobachten kann, hast du dir keine besonders große Mühe gegeben, sie in ihrem und deinem eigenen Interesse von dir zu stoßen. Du hättest sie schon im Etaímalon zurücklassen sollen.”
„Aber …”
„Nein, natürlich hast du das nicht getan. Dazu war deine Neugier wohl doch zu groß. Wann hat ein camta’ay schon einmal die Gelegenheit, ein unkundiges Wesen des anderen Geschlechtes aus der Nähe zu studieren?”
„Was unterstellt Ihr mir?”
Gor Lucegath lachte leise. „Vernunft, Schicksal oder Noktámas verrückter Spielzug hin oder her – sie ist bereit, all das hier zu ertragen, weil du ihr etwas gegeben hast, was sie in ihrer eigenen Welt nicht gefunden hat. Sie handelt so, weil du sie das sie nicht aufgeben will. Weil sie weiterhin träumen will. Weil sie glaubt, in dir ihren hýardor gefunden zu haben. Sie macht sich unsinnige Hoffnungen und bald vermutlich auch verzweifelte Pläne, wie sie dich aus meiner Hand befreien könnte, wie sie es schon zweimal getan hat. Ein drittes Mal jedoch werde ich es verhindern. Und zwar mit um so großem Vergnügen. Ich will wissen, was sie anstellen, wie weit sie gehen wird, um dich zu erlösen.”
„Aber … was habe ich denn gemacht, um sie so zu verwirren?”
„Das weißt du sehr genau, Yalomiro Lagoscyre, wenn dir auch die Worte dafür fehlen. Du hast es gespürt und trägst es in dir wie einen verbotenen Schatz, seit ihr einander in deinem Lied … begegnet seid.”
„Davon wisst Ihr auch?”
„Selbstverständlich.”
Der camat’ay schwieg betreten.
„Du hast in ihr eine Kraft gefunden, die du mit dem, was Noktáma einst von deiner Menschenseele übrig gelassen hat, zu erwidern versuchst, wenn auch unbewusst. Lass dich warnen Yalomiro. Liebe ist Magie, die alles übertrifft, womit du vertraut bist. Eine, die weder für deines- noch meinesgleichen bestimmt ist.”
Das Leuchten bewegte sich nun so um den Rotgewandeten herum, dass er zu einem verschwommenen Schemen in einer dumpfen, rauschenden Leere wurde.
„Selbst wenn dem so wäre … woher wollt Ihr wissen, dass diese Kraft unbeherrschbar für mich ist?”
„Weil Liebe immer stärker als alle Magie ist, die wir kennen. Liebe ist das, was Magie mit Leichtigkeit zugrunde zu richten vermag, Yalomiro Lagoscyre. Du erfährst es doch gerade am eigenen Leibe”, sagte der Rotgewandete geduldig. „Die Liebe ist eine Fessel, die dein Herz einschnürt, ein Knebel, der deinen Verstand zum Verstummen bringt. Das Schwert, das deine Seele zerschlägt. Das, Yalomiro Lagoscyre, das und nichts anderes ist Liebe. Die Liebe ist zu groß für Magier. Die Mächte hatten einen Grund dafür, sie unseresgleichen nicht zu lehren. Dich nicht und mich erst recht nicht.”
„Dann ist die mächtigste Magie eine, die die Mächte den Unkundigen zuteilwerden ließen?”
„Ja. Es ist für Magier eine zu gefährliche Magie”, sagte der Lichtwächter sanft. „Du siehst, was sie bereits aus dir gemacht hat. Deine maghiscal ist besudelt von etwas, das dich mehr schwächt, als ich es mit Ketten aus Gold bewirken könnte. Du bist erneut in meiner Gewalt. Immer wieder, so unweigerlich dass es absurd erscheint, bist du mir ausgeliefert, mit jedem Mal mehr. Diesmal, Yalomiro Lagoscyre, ist es jedoch anders. Nun habe ich etwas in meiner Hand, das du beschützen willst. Etwas, das dich zuverlässiger bindet als jede Fessel.”
Er näherte sich wieder, ließ sein Licht aufflammen und fügte mit leiser, beschwörender Stimme hinzu: „Aber du kannst dich retten. Noch hast du die Gelegenheit dazu. Du weißt, dass du an meiner Seite zu höherer Macht aufsteigen kannst, wenn auch wohl nicht auf die geordnete Weise, die dein Meister dir hätte angedeihen lassen. Bring mir das ay’cha’ree. Ich werde dich zu meinem Schüler machen, dein Meister werden. Das ist nur recht und billig, nachdem ich den deinen töten musste.”
„Warum bietet Ihr mir das an? Euersgleichen verachtet meinesgleichen!”
„Weil meiner Meinung nach ein günstiger Moment gekommen ist, alte Geschichten zu überwerfen. Ich bin an einem ähnlichen Punkt wie einst dein Meister, als er nach meinesgleichen rief. Mit dem wesentlichen Unterschied indes, das die Zeit das Blatt zu meinen Gunsten gewendet hat. Mein Kreis ist bereits erloschen, deinen Kreis habe ich ausgelöscht, abgesehen von dir. Es ist aus mit dem Kampf zwischen Noktámas Dienern und den Wächtern des Lichtes. Was jetzt noch existiert, sind zwei übriggebliebene Magier, müde am Ende eines irrsinnigen Kampfes, der am Ende niemanden den Sieg brachte. Dein Meister hatte ähnliche Gedanken, wenn auch aus anderen Beweggründen.”
„Und was ist mit den arcaval’ay? Sagt nicht, dass Ihr die Regenbogenritter ebenfalls längst vernichtet habt!”
„Noch nicht”, sagte der Rotgewandete. „Eines nach dem anderen. Die arcaval’ay werden ihren Preis schon noch zahlen. Wäre das nicht eine verlockende Aussicht, nach alldem, was zwischen euch und ihnen geschehen ist? Wäre es dir nicht, ganz in der Tiefe deines Herzens, eine Lust, diesem arroganten, eigensüchtigen Pack zu zeigen, dass der Schatten die Farben besiegt?”
Yalomiro zögerte nachdenklich. Gor Lucegath wartete gespannt.
„Bemüht Euch nicht. Wir kommen nicht zum Bündnis.”
„Wieso nicht? Begreifst du nicht, dass diese einzige Magie, die die Mächte den Unkundigen gegen haben, unseresgleichen den Untergang bringt? Was für ein Weltenspiel ist es, an dem du teilnehmen willst, Yalomiro Lagoscyre? Eines, in dem die Magie, in dem alle Magie krepiert vor den verderblichen Geschicken der ujoray, oder eine in der du und ich das sind, was die Mächte uns vorbestimmt haben? Eines, in dem die arcaval’ay sich noch eine Weile in ihrem Glanz sonnen und dann verschwinden werden, als habe es sie, als habe es uns alle niemals gegeben?”
„Von welcher Macht, frage ich mich, mögt Ihr gerade reden, so fernab vom Licht? Möglicherweise eine, die sich … vor Liebe fürchtet?”
„Willst du dich wirklich selbst aufgeben, um einer Unkundigen willen, die nicht einmal ansatzweise versteht, um was es hier zwischen dir, mir und meinetwegen auch den arcaval’ay gehen mag?”
„Ich weiß auch noch nicht, welche seltsamen Ziele Ihr mit dem verfolgt, was Ihr tut. Aber ich sehe, dass in Eurem Bestreben etwas ist, das über die Feindschaft Eures und meines Kreises hinausgeht, sogar über die pure Lust nach blanker Macht. Was immer Euch beflügelt … es missfällt mir. Ihre Liebe und meine Magie sind den Mächten gefällig und können sich offenbar miteinander verbünden. Ihr und euersgleichen aber, Meister Gor, Ihr seid Verstoßene. Was soll ich mir einen Meister unter den Geächteten suchen?”
Der Rotgewandete verzog den Mund, müde, verächtlich.
„Was weißt du schon, törichter Schattensänger. Was weißt du von meinesgleichen? Was weißt du von dem, was meinesgleichen zugestoßen ist?”
„Ihr redet wie von vergangenen Tagen.”
„Sie sind vergangen, die Tage.”
„Das tut mir herzlich leid für Euch. Aber ist das nicht ein Grund mehr, ein Spiel, das Ihr nicht gewinnen könnt, aufzugeben und mich ziehen zu lassen?”
„Damit du beginnst, mit deiner neuen Magie zu spielen? Übermütig zu experimentieren wie mit einem neuen Zauber? Wer weiß, was du dabei wieder für Unfug anrichtest!” Meister Gor lachte bitter. „Wäre es nicht sinnvoller, dafür zu sorgen, dass die Trägerin dieser übergroßen Magie unversehrt wieder aus diesem Irrsinn herausfindet? Ich habe die Macht, sie in Sicherheit zu bringen, bevor wir zwei uns in einem letzten Kampf begegnen, zu wessen Ruhm es auch enden mag. Vielleicht wird sie darüber nachdenken, bevor es zu spät ist. Vielleicht kommt sie aber auch auf possierliche Ideen, um mit mir dein weiteres Schicksal auszuhandeln. Das, Yalomiro Lagoscyre, wäre auch mir ein seltenes Vergnügen.”
„Es ist keine Herausforderung für Euch, ein unkundiges Wesen zu verletzen.”
„Ich habe nicht vor, sie ohne Anlass zu verletzen. Der Hauch von Pianmurít wird sie jedoch ohnehin durchdringen, ohne dass ich nachhelfen müsste. Wenn sie nicht vernünftig wird und sich von dir abkehrt, wird deine Unkundige, ohne zu begreifen, wie ihr geschieht, nach und nach werden wie die teiranda. So oder so – ich werde am Ende der Gewinner sein. Es liegt an dir, auf welche Weise es mit ihr geschieht.”
Der Schattensänger musterte sein Gegenüber mit silberschimmernden Augen.
„Was genau geht hier vor?”, fragte er dann. „Wollt Ihr nun meinen Willen zermürben, damit ich Euch das ay’cha’ree hole? Oder benutzt ihr in Wahrheit mich, um der ujora und ihrer geheimnisvollen Macht habhaft oder ledig zu werden?”
„Eines ist ohne das andere nicht denkbar, Yalomiro Lagoscyre. In welcher Reihenfolge auch immer es vonstatten gehen mag.”
„Lasst mich frei und kämpft! Lasst die Mächte entscheiden, wer von uns den Sieg davontragen soll.”
„Sei nicht albern. Was versprichst du dir davon, deine lächerlichen Kräfte mit meinen messen zu wollen, noch dazu hier, in meiner Domäne? Was denkst du, was es die Mächte noch interessiert, was unseresgleichen im Weltenspiel für Fehden austrägt? Hat deine Schutzmacht zu dir gesprochen, Yalomiro Lagoscyre? Hat Noktáma zu irgendeinem deiner Generation gesprochen, oder weißt du nur aus den Erzählungen eines uralten senilen Meisters von ihr? Was gibt er dir noch, ein uralter Kult, dem niemand außer dir mehr folgen kann?”
„Das sind Worte von einem, dessen Schutzmacht schon vor Urzeiten verstummt ist. Doch ich lasse Noktáma nicht beleidigen! Kämpft mit mir, Meister Gor, auf dass Ihr die Macht der Dunkelheit zu spüren bekommt!”
Der rotgewandete Magier lachte auf. „Hört es euch an, das kläffende Hündchen, das seine Herrin verteidigt! Ist das nun Arroganz oder närrische Verblendung? Bisher habe ich nur mit dir gespielt, Schattensänger. Mit meinen Spielzeugen kann ich verfahren, wie mir beliebt. Und ich kämpfe für gewöhnlich nicht mit Spielzeug.”
Yalomiro seufzte.
„Und jetzt?”, fragte er dann schwach.
„Gar nichts werde ich tun, vorerst jedenfalls nicht. Ich habe keine Kraft mehr für dich übrig. Aber ich habe Zeit. Ich muss einfach nur abwarten. Wir sprechen uns erneut, wenn es soweit ist.”
„Was meint Ihr mit soweit?”
„Die die Kunst eines goala’ay ist nicht zwingend mit roher Gewalt verknüpft, Yalomiro Lagoscyre. Deinen Widerstand zu brechen überlasse ich deinem eigenen Körper. Ich habe vor allem Geduld. Es ist nicht nötig, dass ich dich überzeuge. Ich bin sicher, dass du selbst das tun wirst. Bei dieser Gelegenheit, Yalomiro Lagoscyre: Schlag dir die Idee aus dem Kopf, dich in das Gold zu stürzen und dich so aus dem Weltenspiel fortzustehlen. Du weißt, dass du nicht sterben kannst, bevor ich es will. Egal, was dir möglicherweise demnächst … Stimmen einflüstern.”
„Haltet Ihr mich für einen Feigling, Gor Lucegath?”
Der Rotgewandete lächelte belustigt. „Nein. Bei den Mächten, das wäre das Letzte, was ich dir vorwerfen könnte.”
Er griff nach seinem Licht, zerdrückte es in der Hand wie einen Schneeball und verschwand.
Um Yalomiro herum wurde es … leer.
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