Osse dämmerte langsam aus einem tiefen, traumlosen Schlaf hinauf. Die Geräusche, die ins Zimmer drangen und sich auch durch die dicken Holzläden und Wollvorhänge nicht mehr dämpfen ließen, hatten den jungen Mann schließlich aufgeweckt. Die morgendlichen Hahnenschreie hatte er wohl tatsächlich überhört, denn vom Burghof klangen Stimmen und Alltagsgeräusche hinauf.

Er erlaubte es sich noch einen Augenblick lang, liegen zu bleiben. In den kommenden beiden Tagen würde er wohl wieder mit einem Bett in einer Herberge vorliebnehmen müssen. Immerhin, da er sich nicht mehr verkleiden musste und in hochedler Gesellschaft reiste, mit einer zusätzlichen Decke und einem besseren Kissen. Wenn er erst in Wijdlant angelangt wäre, würde er mindestens einen Mond lang nicht mehr in einen Sattel steigen. Das nahm er sich vor, während er auf dem Schemel neben dem Bett nach seinen silbern eingefassten Augengläsern tastete.

„Merrit?”, fragte er verschlafen. Aber er bekam keine Antwort. Wahrscheinlich war der Freund längst auf den Beinen und hatte sich leise fortgestohlen, um ihn nicht zu stören.

Osse erhob sich, tastete sich zum Fenster vor und zog den Vorhang beiseite. Durch die schmalen Ritzen des Fensterladens schimmerte helles Licht, und als Osse ihn öffnete und aufstieß, erschrak er beinahe. Die Sonne hatte die südliche Mauerkrone längst überstiegen. Bei den Mächten, wie lang hatte er verschlafen?

Unten im Hof waren einige Knechte damit beschäftigt, einen kleinen Reisekarren vorzubereiten. An einem Balkengeländer ganz in der Nähe standen angebunden zwei der großen Kampfrösser aus Wijdlant. Ein eifriger Stalljunge striegelte eifrig das Fell des Rappen, während ein älterer sich um die Hufe des Braunen kümmerte.

Osse fand den Krug des Waschgeschirrs noch halb gefüllt vor und beeilte sich, sich in Ordnung zu bringen. Undenkbar, der yarlara nachlässig unter die Augen zu kommen! Glücklicherweise wuchs sein Bart ohnehin nur kümmerlich, sodass er nicht allzu viel Aufwand damit betreiben musste. Als er jedoch sein Gewand zur Hand nahm, das in der letzten Zeit getragen hatte, zögerte er. Einen Moment hielt er den zweckmäßigen, wenn auch hochwertig verarbeiteten Überrock unschlüssig in den Händen und warf dabei einen zweifelnden Blick in den Spiegel.

Als er schließlich sich auf den Weg zu den anderen machte, trug er wieder die honigfarbene Tunika mit dem aufgestickten Familienwappen, die er all die Sommer und Winter ordentlich und sauber gehalten hatte. Das fühlte sich besser, richtig an.

Im Wohnbereich der kleinen Burg begegnete er wenigen Menschen. Offenbar war der ganze Hausstand der Burg Grootplen mit den Reisevorbereitungen beschäftigt. In der kleinen Halle fand er jedoch Tíjnje Moréaval vor, die ein Halbdutzend junge Mädchen um sich versammelt hatte. Die jüngste war etwa in Tíjnjes Alter, die älteste vielleicht ein oder zwei Sommer älter als er selbst. Die Mädchen saßen beieinander an einem Tisch und schienen ihm ungewöhnlich aufgeregt zu sein. Als er den Raum betrat, waren sie alle schlagartig still.

„Guten Morgen, liebreizende fánjulaé“, sagte Osse überrascht. War er hier in eine geheime Besprechung hineingeraten? „Verzeiht. Ich wollte euch nicht unterbrechen.”

„Du störst nicht, Osse”, rief Tíjnje. Sie schien bester Laune zu sein. „Wir besprechen gerade die Einzelheiten für unsere Reise nach Wijdlant. Schließlich will das gut geplant sein.”

„Unsere? Von wem reden wir hier?”

Einige der Mädchen kicherten. Eines der Älteren legte mahnend die Finger an die Lippen.

„Na, die Mädchen hier kommen mit uns nach Wijdlant”, erklärte Tíjnje. „Zum vasposár. Hast du das schon vergessen?”

„Natürlich nicht”, gab Osse zurück. „Aber mir war nicht bewusst, dass ich mich neuerlich einer großen Reisegesellschaft anschließe.”

Tíjnje sprang von ihrem Sitz auf. „Wartet einen Moment. Ich muss kurz mit yarl Emberbey reden.”

Sie hakte sich im Vorbeigehen bei ihm ein und bugsierte ihn aus der Halle hinaus auf den Hof. Dort war, wie Osse feststellte, Láas drüben nahe der Küche von vier sichtlich erwartungsvollen und aufgeregten Jünglingen umgeben. Die jungen Männer bemerkten ihn nicht. Ab und zu wurde etwas zu laut gelacht.

„Kommen die etwa auch mit?”, flüsterte Osse.

„Ja”, erklärte Tíjnje. „. Das sind alle jungen Leute aus der Burg, die hier und in der Gegend noch keine hýardoray gefunden haben. Meine Großmutter hat ihnen versprochen, dass sie alle zusammen als Gefolge zum vasposár begleiten können, um sich dort umzuschauen. So eine Gelegenheit kommt ja nun nicht alle Tage.”

„Es ist sehr großzügig von deiner Großmutter”, sagte Osse. „Und warum zieht das Gesinde nicht einfach auf eigene Faust los?”

„Denkst du, Großmutter würde nur mit euch Burschen losziehen, ohne ein wenig Hausgesinde, das sie begleitet?”

„Du bist mit Láas, Jándris und Merrit allein losgeritten.”

„Ich bin es gewohnt, die drei Raufbolde um mich zu haben. Aber ich bin ja auch sehr duldsam. Meine Großmutter hat Stil und Würde. Und Last mit dem Rücken. Daher der Wagen.”

Osse schaute sich zu dem Gefährt um. Es war ein leichter Wagen aus Flechtwerk, eher eine Sänfte auf Rädern als eine Kutsche. So ein Karren wurde gewöhnlich von einem Pferd gezogen, das jemand an der Hand führte. Unter älteren Herrschaften war das ein beliebtes Transportmittel für kürzere Wegstrecken. Es hatte einen entscheidenden Nachteil: Besonders schnell reiste man damit nicht.

„Seit wann weißt du davon?”

„Seit gestern Abend”, gestand Tíjnje. „Großmutter möchte den jungen Leuten eine Freude machen.”

„Haben wir denn wenigstens genug Reittiere für alle?”

„Nein”, gab Tíjnje zu. Wir haben kein Dutzend zusätzliche Pferde oder Maultiere übrig. Die würden uns aber auch nichts nützen. Die meisten von den Mädchen können gar nicht reiten.”

Osse schloss ernüchtert die Augen.

„Wir haben ein paar Packziegen”, versuchte Tíjnje, ihn aufzumuntern.

Er seufzte. „Und wann geht es los?”

„Sobald die Pferde fertig sind, das Gepäck geladen und angespannt wurde.”

„Wissen Jándris und Merrit schon davon?”

„Ja. Begeistert waren sie beide nicht. Aber frag Merrit am besten selbst.” Sie lächelte und deutete mit dem Kinn in Richtung Vorburg. „Ich denke, er hat bereits einen Plan. Und jetzt entschuldige mich. Ich muss den Mädchen erklären, wie man sich in Gegenwart der teirandanja benimmt. Ich komme mit Láas zu euch.” Sie knickste vor ihm und eilte wieder zurück ins Haus.

Die Burg der Familie Grootplen thronte auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel, der seinerseits von einer Steinmauer umgeben war. Dazwischen war Platz für einige Ställe und Holzbauten, in denen Gesinde lebte und sich kleinere Werkstätten befanden. Das steinerne Hauptgebäude war einfach nicht groß genug für alles Burgvolk. Osse seufzte und machte sich auf den Weg vom inneren Burghof in die Außenanlage. Hier war deutlich weniger Betrieb. Nur wenige Leute, die nicht bei den Reisevorbereitungen der eld-yarlara mithalfen, gingen hier ihrem Tagwerk nach. Der Schmied hämmerte etwa auf dem Amboss zurecht, ohne von Osse Notiz zu nehmen. Zwei Kinder waren mit Körbchen auf der Suche nach den Verstecken, in denen die Hühner ihre Eier verbargen. Die Kleinen staunten den fremden Besucher mit großen Augen an, liefen aber verlegen davon, als er ihnen freundlich zunickte. Osse machte sich nichts daraus. Wahrscheinlich bekamen die Burgkinder äußerst selten jemanden zu sehen, der Augengläser trug.

Eines der Holzgebäude schien eine kleine Schenke zu sein. Jemand hatte mit greller Farbe einen krakeligen Bierkrug über die Tür gemalt. Ein grober Tisch mit Holzbänken war davor aufgestellt. Im Inneren wurde etwas gekocht, denn aus einem Abzug im Dach ringelte sich Rauch in die kühle Herbstluft.

Genau dort traf Osse auf die beiden Ritter. Merrit hatte eine Tonschüssel mit dampfendem Inhalt vor sich. Jándris sah zerzaust und übernächtigt aus. Sein Napf war bereits leer. Allerdings eilte soeben eine junge Frau aus dem Hüttchen, um ihm aus einem großen Kupferkrug nachzuschenken.

„Danke, Tridna”, murmelte Jándris. „Das war wirklich nötig.”

„Ihr müsst vorsichtiger sein, Herr.”

„Ach was. Vorsicht … ich bin ein ruhmreicher Kämpfer der teirandanja, kein Weichling, der vor Wagnissen kuscht!”

„Das mag ja sein, Herr”, sagte die fánjula fürsorglich. „Aber ich hab schon unbezwingbare Recken gesehen, die ein Becher zu viel in die Knie gezwungen hat.”

„Deine Becher”, erklärte Jándris beifällig, „sind würdige Gegner.”

„Osse!” Merrit winkte ihn heran. „Gesell dich zu uns. Hast du schon etwas gefrühstückt?”

„Nein. Tíjnje schickt mich her. Ich muss mit euch reden!” Osse näherte sich seinen Freunden und nickte dem Schankmädchen zu. Den yarlandor rügte er: „Bist du etwa trunken, Jándris Altabete?”

„Nicht mehr lange. Und noch geht dich das nichts an, Eulengesicht. Setz dich!” Er grinste, rückte beiseite und klopfte einladend auf die Bank. Osse nahm die Einladung kopfschüttelnd an.

„Tridna, das ist Osse, yarlandor von Emberbey und demnächst mynstir der teirandanja“, sagte Merrit. „Bring ihm bitte auch eine Suppe.”

Tridna stellte ihre Kanne ab. Sie mochte ungefähr in Jándris Alter sein, eine hübsche, adrette fánjula von draller Statur. Sie hatte ein freundliches Gesicht. Ihr langes, kastanienfarbenes Haar war sie mit bunten Bändern verziert und in einer abenteuerlichen Frisur eingeflochten. Hier und da steckte eine Herbstblume dazwischen. Ihre Augen waren braun und musterten Osse abschätzend. Wahrscheinlich versuchte sie, ihn einzuschätzen.

„Herr”, brachte sie demütig, aber nicht schüchtern hervor, „wünscht Ihr die speziellen Kräuter, oder …”

„Nicht nötig”, unterbrach Merrit eilig. „Ich denke nicht, dass Herrn Osse sein Kopf so sehr plagt wie Herrn Jándris. Er weiß, Maß zu halten.”

Jándris brummte etwas Unverständliches und nahm einen Schluck aus seiner Schale.

„Etwas einfaches”, bat Osse höflich. „Vielleicht ein Stück Brot dazu, wenn es dir keine Mühe macht.”

Tridna verneigte sich erneut und wollte mit der Kupferkanne verschwinden. Jándris griff rasch nach dem Henkel. Merrit grinste und wartete, bis das Mädchen fort war.

„Das hier ist nicht die Burgküche”, stellte Osse fest, als sei allein am Tisch waren.

„Nein. Aber was die Speisen betrifft, die eindeutig bessere Wahl. Es sei denn, dich gelüstet es nach fadem Getreidebrei.”

Osse hob die Brauen. „Verwöhnt seid ihr also auch geworden. Was haben da nur für neue Manieren im Wijdlant Einzug gehalten? Wie lange ein mynstir euch das wohl noch durchgehen lässt?”

„Noch ein Wort, Eulengesicht, und wir jagen dich zurück nach Ivaál.”

Merrit lachte. „Es ist ein Geschenk der Mächte, dass sie Tridna hergeführt haben. Du selbst hast gestern den Met gelobt, den sie braut.”

„Abends den Met”, ergänzte Jándris. „Und morgens das Gegenmittel.”

„Dann ist das hier also die Quelle, die Láas aufgetan hat?”

„Es wäre gut”, sagte Merrit ernst und nahm einen Schluck von seiner Suppe, „wenn du das bis nach dem vasposár bei dir behalten würdest.”

„Du meinst …”

„Genau das. Und nun schau nicht so überrascht.”

„Wo die Liebe eben Wurzeln schlägt.” Jándris grinste freundlich.

Osse schaute vom einen zum anderen. Es sah nicht so aus, als ob die beiden spaßten.

Merrit neigte sich zu ihm hinüber. „Lass es meine Sorge sein, Osse. Wir müssen nur das vasposár hinter uns bringen.” Er lächelte verschwörerisch. „Sei nur froh, dass dich all dieser Weiberkram nicht betrifft.”

„Weiß Tíjnje davon?”

„Natürlich.”

„Und Herr Daap? Láas’ Schwester? Die eld-yarlara?”

„Nein. Nein. Und nein.”

Osse entschloss sich, keine weiteren Fragen zu stellen. So überraschend diese Neuigkeiten waren, es gab gerade Dringlicheres zu klären.

„Ich hörte, die yarlara plane, einen größeren Tross mit lauter unerfahrenem, jungem Volk bei sich zu führen.”

„Es hätte uns nicht angestanden, ihr das auszureden. Immerhin sind Tíjnje und Láas hier, um sie nach Wijdlant zu geleiten.”

„Aber es macht uns langsamer, als ich es ohne euch gewesen wäre.”

„Allenfalls den ersten Tag”, widersprach Merrit. In der Nacht setzen wir beide uns ab und reiten voraus. So gewinnen wir die Zeit, die all das Fußvolk uns kostet.”

„Nur wir beide?”

„Ja”, bestätigte Jándris. „Das macht es noch sicherer für dich. Falls jemand auf deiner Spur ist, folgt er womöglich der falschen Gruppe, bis er es bemerkt.”

„Aber …”

„Keine Sorge”, sagte Merrit. „Ich werde nicht zulassen, dass dir jemand zu nahe kommt. Und wer immer dir arges will, er müsste verrückt sein, sich Láas und dem Trunkenbold hier gegenüber zu stellen.”

„He!”

Osse neigte sich vor. „Wie viel davon”, fragte er, „ist geplant und wie viel kommt euch gerade unverhofft in den Sinn?”

„Eulengesicht, vertrau uns einfach. Manjév wünscht, dass du wohlbehalten in Wijdlant ankommst, wo dir so leicht niemand mehr ans Leder kann. Ihr bester Gefolgsmann ist an deiner Seite.”

„Und warum schließt sich der zweitbeste Gefolgsmann nicht auch gleich an? Reicht es nicht, wenn den Blutsverwandten keine Wahl bleibt?”

Jándris räusperte sich verlegen. Doch noch bevor er etwas aussprechen konnte, kam Tridna herbei. Sie brachte Osse eine sämige Suppe in einem deutlich wertvolleren Schälchen, fein verziert und mit frischen Kräutern garniert. Da sie sich nicht umgehend wieder entfernte, nahm Osse an, dass sie sein Urteil über die Speise zu hören wünschte. Er kostete und war aufs Angenehmste überrascht.

„Wo hast du gelernt, das zu kochen?”, erkundigte er sich. „Kommst du etwa aus Forétern?”

„Nein, Herr. Aber ich habe bei einer weitgereisten Speisemeisterin gelernt, die dort lange Zeit gedient hat.”

„Darin sind sehr teure Gewürze”, sagte Osse. „Diesseits des Montazíel schmeckt man sie nicht oft.”

„Ich habe einen Vorrat für … besondere Gelegenheiten, Herr.”

Merrit und Jándris schauten überrascht zu ihm hinüber. Offenbar tischte Tridna ihnen nie so exquisite Genüsse auf.

„Wenn es dir gefiele, mehr davon zu bekommen, wenn du danach fragst”, fuhr Osse ruhig fort, „würde es dich hier in Grootplen halten?”

„Herr”, sagte sie, „es würde mich dort halten, wo man meine Suppen zu schätzen weiß. Und alles andere, was ich bieten kann.”

„Den besten Met diesseits des Montazíel, wenn man Herrn Láas glauben darf.”

Nun errötete sie ertappt.

„Mach uns davon einen Krug fertig, den Herr Merrit und ich mit uns nehmen können. Wir haben wenig Zeit.”

Tridna verneigte sich tief. Dann stürmte sie zurück in ihre kleine Hütte.

„Bei den Mächten”, sagte Jándris verblüfft. „Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein Genießer bist, Eulengesicht.”

„Nun, ist doch sicher in Láas Interesse, wenn seine … hýardora in Wijdlant zu tun hat, wo auch er sich aufhält. Nicht wahr?”

„Das wird er dir hoch ansehen.”

„Es ist nicht nötig darüber zu reden.” Osse erhob sich. „Schließlich verbinde ich mit dieser ehrbaren fánjula nicht mehr als ihr Talent, Glutbeeren zu dosieren. Mehr geht mich nicht an.”

Merrit grinste. „Natürlich. Glutbeeren. Aus Forétern. Zum Frühstück.”

„Sie hat die Gelegenheit gepackt, mich von ihrem Können zu überzeugen. Eine gewitzte junge fánjula. Offenbar traut sie euch beiden ein solches Urteil nicht zu.”

„Es heißt”, brachte Jándris gedankenvoll hervor, „das Zeug würde gewisse … Begierden erwecken. Stimmt das wirklich, Osse?”

Merrit trat seinem Kumpan unter dem Tisch vor das eisengeschiente Schienbein. Jándris tat einen halbherzigen Klaps über den Tisch. Doch noch bevor die beiden eine halbernste Rangelei beginnen konnten, näherten sich Láas und Tíjnje. Der hünenhafte junge Ritter führte seine zierliche junge Nichte galant bei der Hand. Augenblicklich sprang Jándris auf und verneigte sich, halb spielerisch, halb ernsthaft und immer noch ein wenig berauscht vor dem jungen Mädchen.

„Seid ihr soweit?”, fragte Tíjnje, ignorierte Jándris geflissentlich und ließ sich auf dem frei gewordenen Platz neben Osse nieder. Kopfschüttelnd untersuchte sie die Reste in der Schale vor sich.

„Wenn mein Ross gesattelt ist”, erklärte Jándris eifrig, „dann können wir sofort los.”

„Sehr schön.” Tíjnje würdigte ihn würdevoll keines Blickes und wandte sich Merrit zu. „Ich hoffe, du hast genau im Kopf, was wir besprochen haben. Mach Manjév keine Schande. Du weißt, wie wichtig ihr die Sache ist.”

„Nichts läge mir ferner.”

„Ich besorge dir eine Morgensuppe, Tíjnje”, erbot sich Láas, nickte den jungen Männern zu und verschwand in der Schankhütte, noch bevor jemand etwas antworten konnte.

„Komm mit, Osse.” Merrit erhob sich. „Schauen wir, wie weit mein Brauner und dein Muli sind. Jándris, Tíjnje, wir warten beim Stall.”

„Lasst euch nur Zeit”, sagte Jándris geistesabwesend und glitt auf Merrits Platz, gegenüber von Tíjnje.

„Wir laufen nicht weg”, fügte Tíjnje zerstreut hinzu und fuhr mit dem Finger über den Rand der Schüssel.

Osse schaute von einem zum anderen. Gestern am Abend war es ihm nicht aufgefallen, wahrscheinlich, weil die Gegenwart der yarlara von Grootplen es gehemmt hatte. Aber die Art, wie Tíjnje und Jándris züchtig und zugleich so innig Abstand zueinanderhielten, ließ keine Fragen offen.

Er wartete, bis Merrit und er genug Abstand vom Tisch hatten und raunte ihm dann zu: „Das ist der Grund, weshalb wir zu zweit weiter reiten?”

„Seit ich ihn kenne, hat er nach keiner anderen geschaut. Ich … bin glücklich für sie. Für alle vier.”

„Ich wünschte, ich könnte glücklich für … euch alle sechs sein.”

Der junge Ritter nickte still. „Komm”, sagte er dann. „Wir holen deine Sachen.”