Er hatte sie nie leiden können. Sie waren arrogant, selbstherrlich, unerträglich. Und sie störten den Frieden des Boscargén.

Aber die Botschaft, die sie überbrachten, die war wichtig. Demzufolge war es wohl angemessen, zumindest eine Spur von Dankbarkeit dafür vorzutäuschen, dass sie sich dazu herabgelassen hatten, herzukommen. Sie waren hier, um die Schattensänger zu warnen, obwohl die Kämpfe anderswo im Weltenspiel ihre ganze Aufmerksamkeit gefordert hätten.

„Sie sind ganz in der Nähe”, sagte der rote Regenbogenritter. „Acht von ihnen. Wenn von deinen Leuten jemand außerhalb des Waldes unterwegs ist, so sollte er auf der Hut sein.”

„Meine Leute können auf sich selbst aufpassen”, versetzte er brüsk. „Wir sind mächtig. Sie haben Angst vor uns.”

Der violette Ritter gab ein kurzes Schnauben von sich, wie ein unterdrücktes Auflachen. Sein Gefährte konnte sich ein offenes Grinsen nicht verkneifen und wendete sein geflügeltes Einhorn, so dass er für einen Augenblick in eine andere Richtung schaute.

„Wir sahen deinesgleichen, denen ihre Macht gar nichts genutzt hat. Scheinbar gibt es unter den anderen genug, die nicht wissen, was für furchterregende Gegner ihr seid.”

„Möglich”, antwortete er kühl. „Aber in diesem Fall werden wir sie eines Besseren belehren, sodass sie es wohl bald begreifen.”

Der andere Ritter, jener, der es gewagt hatte, zu lachen, warf ihm unter seinem Visier einen missbilligenden Blick zu.

Dann trieb auch er sein Einhorn herum. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, trabten die beiden davon, hinüber zum Ufer des Lagoscyre, des bodenlosen Sees in der Mitte des Boscargén. Die schlangenäugigen Reittiere, eines rot, das andere violett wie die Gewänder ihrer jeweiligen Herren, benötigten Platz, um hier zwischen den Bäumen auffliegen zu können.

Der Schattensänger wartete, bis die beiden arcaval’ay wieder in der Weite des Himmels entschwunden waren, wo graue Regenwolken sie schon bald seiner Sicht entzogen. Dann entspannte er sich ein wenig. Bei Noktáma … es hatte ihn Kraft und Willensstärke gekostet, die Nähe ihrer goldenen Rüstungen klaglos zu ertragen. Hätten sie ein wenig Anstand besessen, so sann er nach, während er sich seinerseits in Bewegung setzte und zurück zum Heiligtum ging, sie hätten das Metall am Waldrand abgelegt.

Aber das wagten sie auch wieder nicht, Pataghíus Krieger, die Farbenmagier aus dem Süden. Einen Moment lang überlegte er, wie es wohl ausginge, ein Schattensänger im Kampf gegen einen Regenbogenritter, der seines Rüstzeugs ledig war. Der Gedanke gefiel ihm. Als er das Heiligtum erreichte, lächelte er immer noch.

Der Schattensänger erreichte das unscheinbare, weiß gekälkte Häuschen am Ufer des bodenlosen Sees und durchschritt, immer noch in Gedanken, die Tür. Vor ihm lag ein langer Korridor mit Türen links und rechts davon, die zu den Wohnräumen führten. Er schritt an seiner eigenen Kammer vorbei und auf das Portal zur Halle zu. Die Großmeisterin erwartete seinen Bericht. Sie war es gewesen, die die arcaval’ay in den Wald eingelassen hatte. Sie wollte stets wissen, welche Botschaften man ihr brachte. Sie empfing jeden im Boscargén, der zu ihr reden wollte, sogar ab und an Unkundige, die um ihren Beistand flehten. Das Weltenspiel außerhalb des Boscargén war hart und schrecklich, denn jenseits der Bäume tobte der Krieg.

Aber statt selbst mit den beiden Rittern zu sprechen, hatte sie ihn geschickt. Eine große Ehre sollte es für ihn, ihren Schüler sein, als ihr Gesandter aufzutreten. Andere camat’ay wären der Meisterin zutiefst dankbar für diesen Gunstbeweis gewesen.

Doch er empfand keine Dankbarkeit. Sie wollte ihn nicht mit ihrem Vertrauen belohnen oder ihm etwas beibringen, das er noch nicht beherrschte. Es war eine Prüfung gewesen, vielleicht auch eine Strafe, da war er sich nicht so sicher. Sie führte so manche Dinge im Sinn, die sich nicht durchschauen ließen. Er hatte es versucht, hatte sich mehr als einmal an ihre Gedanken herangepirscht und versucht, einen Blick darauf zu werfen. Jedes Mal hatte er es bereut. Sie tadelte ihn, wie man ein kleines Kind für unschuldige Missetaten zurechtwies, über die man sich insgeheim amüsierte. Ihr gütiger Spott schmerzte seinen Stolz mehr als ein Peitschenhieb.

*

In der Halle warteten die anderen bereits auf seine Rückkehr. Gespannte Blicke wandten sich ihm zu, als er sich flüchtig in Richtung des Thrones in der Mitte der weitläufigen Halle verneigte und dann seinen Platz zwischen den Schülern einnahm. Dunkel war es hier, dunkel und kühl. Die glitzernden Sternensplitter, mit denen die Kuppel des großen Saales besetzt war, schimmerten. Nur wenig trübherbstliches Tageslicht gelangte zu dieser Zeit noch durch die sternförmige Öffnung im Deckengewölbe, gerade genüg, um den Glanz zu beleben. Etwa vier Dutzend camat’ay waren hier versammelt, nicht mehr. Es waren einst viel mehr gewesen.

Die Schattensänger warteten. Eine fast körperlich spürbare Stille breitete sich aus. Aber er durfte nicht unaufgefordert reden, und so schwieg er und genoss die Neugier der andere, die so deutlich zu spüren war, dass seine maghiscal davon knisterte,

„Und? Was wollten sie?”, fragte die ytrara, seine Meisterin schließlich ruhig in seine Richtung.

„Gerede”, sagte er. „Angst wollen sie uns mit den Geschichten machen, die sie von Ort zu Ort tragen wie sensationsheischende bachorkoray.”

Die Stille veränderte sich, denn von einigen, nein, von den meisten Schattensängern um ihn herum fluteten Wellen von Beunruhigung aus.

Feiglinge.

„Gerede … worüber?”, fragte die Meisterin sanft.

„Das Übliche. Schreckgeschichten. Angstmacherei. Sie halten uns für verzagte Memmen.”

Und das sind wir wohl, setzte er in Gedanken hinzu, resigniert und bitter. Längst hätten wir dem ein Ende setzen können.

Die Meisterin lächelte auffordernd. Er versuchte, ihrem Blick auszuweichen, ohne seine Augen von ihr abzuwenden. Wenn sie so schaute, kam er sich vor wie ein Kind, mit dem sie Nachsicht übte. Aber er war kein Kind mehr. Verstand sie das denn nicht? Er war weit fort von dem Punkt, an dem er sich beim Gerede über die Rotgewandeten hinter den Röcken der Meisterin verstecken hätte müssen. Er war ein erwachsener Mann, der Mächtigste unter den Schülern. Bei Noktáma, warum verstanden sie es nicht? Warum verstanden sie selbst nicht? Wer waren sie denn, dass sie bange vor den Rotgewandeten sein mussten?

Goala’ay“, sagte er. „Eine Gruppe nähert sich dem Wald. Sie haben sie aus der Luft gesehen und dachten, es interessiert uns.”

„Rotgewandete”, wisperte jemand, ein Tropfen in der Stille,

„Komm her”, gebot sie und deutete auf den Platz vor den Stufen des Thrones.

Er seufzte in Gedanken und gehorchte anstandslos.

Wo sind sie?”, fragte sie ihn. „Und wie viele?”

„Irgendwo südlich in der Nähe des Waldes”, sagte er. „Die arcaval’ay glauben, sie wollen herkommen. Sie sprachen von acht Personen.”

„Acht!”, rief jemand ungläubig aus, ein weiterer Tropfen. Bald würde es ein Dammbruch sein, der die Stimmen nicht mehr hielt. „Bei Noktáma, was hat das zu bedeuten?”

Die anderen wisperten und tuschelten, lauter, als es statthaft war. Die Großmeisterin wartete, bis sie sich beruhigten.

„Und glaubst du, die Ritter haben gelogen?”

Er spürte die Blicke der übrigen camat’ay auf sich ruhen. Er stand im Mittelpunkt des Interesses, etwas zum Anstarren. Warum mutete sie ihm das zu?

„Warum sollten sie?”, gab er zurück. „Es wäre etwas dürftig für einen Spaß auf unsere Kosten, findet Ihr nicht?”

„So versuchen sie es also erneut”, unterbrach die Meisterin ihn. „Es muss einen Grund dafür geben. Doch es … verwirrt mich, dass sie sich in Gruppen zusammenfinden.”

Aus den Reihen der anderen löste sich ein Mädchen, eine Schülerin, vielleicht siebzehn Sommer alt, und bat lautlos um das Wort. Die Meisterin nickte ihr zu.

„Ich will sie suchen”, sagte die Schülerin mit fester Stimme. „Ich will sehen, was ich in Erfahrung bringen kann. Bitte, Meisterin. Lasst es mich versuchen.”

Er musste nicht hinschauen, wusste genau, wer gesprochen hatte. Ein junges Mädchen, mutig und bereits sehr geschickt mit ihrer Magie. Ein halbes Kind, das darauf brannte, sich vor den anderen zu beweisen. Erst vor drei Monden hatte ein Rotgewandeter ihre Meisterin erwischt. Das Mädchen schien das persönlich zu nehmen.

„Ich begleite dich”, entgegnete er, ohne das Wort gehabt zu haben, ohne sie anzublicken. „Es sollte ein … Erfahrener dabei sein.”

„Ich kann das allein”, wehrte sie ab. „Es soll nicht sein, dass zwei in Gefahr geraten, wo einer ausreicht. Nicht wahr, ytrara?”

„Ich weiß, was dich antreibt, Kind”, sagte die Großmeisterin milde. „Aber du weißt, wenn du gehst, dann gehst du allein. Und wenn es misslingt …”

„Dann bleibe ich allein, ich weiß. Lasst es mich dennoch tun. Für meine Meisterin, möge sie hinter den Träumen ohne Leid sein.”

„Dann sei es so.”

„Was bringt es uns oder der ehrenwerten ytrara hinter den Träumen”, gab er zu bedenken, „wenn die Kundschafterin ihre Botschaft ins Grab nimmt? Meine Chancen sind besser, Meistern.”

„Du bist ein Neider”, beschuldigte ihn das Mädchen, ohne gefragt zu sein. Aber die Meisterin verübelte es ihr nicht, nicht offensichtlich.

„So magst du dem Gerede folgen?”, fragte sie stattdessen ihn und war unangemessen amüsiert.

„Beweisen will ich, dass es Gerede ist.”

„Torheit und Unverstand!”, tönte die Stimme eines der Meister in seinem Rücken. „Nur ein Dummkopf unterschätzt die Gefahr.”

Er zuckte zusammen und bändigte seine maghiscal gerade noch rechtzeitig, bevor sie aufflammen und seinen Ärger verraten konnte. Wie konnte Askýn Lagoscyre es wagen, ihn vor aller Ohren als Dummkopf zu schelten?

„Ich bin mir der Gefahr bewusst”, warf das Mädchen ein, und lenkte so von ihm und seinem fein kontrollierten Unwillen ab. „Aber ich bin nicht leichtsinnig. Ein Einzelner fällt ihnen nicht auf. Müssen wir nicht wissen, was sie planen, um das ay’cha’ree an sich zu bringen?”, fragte er unbeirrt.

„Das ay’cha’ree?”, fragte die Großmeisterin.

„Was sonst sollten sie hier wollen?”, stimmte ein anderer Schüler zu. „Sie sind verzweifelt auf der Suche nach ihrem Artefakt.”

„Ja”, sagte die Großmeisterin nachdenklich. „Was sonst …”

Sie schwieg einen Moment. Das Wispern der anderen brachte sie damit nicht zum Schweigen. Er hatte die camat’ay schon lange nicht so aufgeregt erlebt. Bei den Mächten, was für verzagte Feiglinge sie doch waren. Kein Wunder, dass die arcaval’ay sich über sie amüsierten.

„Was hast du vor, Kind?”, fragte die Großmeisterin schließlich.

„Ich verwandele mich und versuche, mich anzuschleichen”, stellte sie ihren enttäuschend banalen Plan vor. „Ich horche, komme zurück und berichte. Sie werden mich nicht erkennen und nicht bemerken.”

„Raffiniert”, murmelte er, nicht leise genug, als dass es Meister Askýn entgangen wäre. Er spürte dessen missfälligen Blick in seinem Rücken und wie seine Hände zitterten. Wenn doch nur die Würde des Saales ihm nicht den Mund schließen würde…

„Mehr lässt sich wohl derzeit nicht tun. Geh, Tochter”, verfügte die Meisterin endlich. „Geh und mach dich bereit. Einen großen Dienst beweist du dem Kreis und deiner Meisterin. Größeren als jene, die nur Gerede forttragen.”

Er schloss die Augen. Warum tat sie das? Warum beleidigte sie ihn, gerade jetzt?

„Geht”, wandte die Meisterin sich an die anderen. „Geht alle und seid auf der Hut. Die Gefahr ist nicht fern, und sie wird zustoßen, listenreich und grausam, wie sie sind. Solange ihr den Wald nicht verlasst, müsst ihr euch nicht fürchten.”

Es war im Grunde nichts Neues, was sie da verkündete. Die Bedrohung, die Furcht, die begleiteten jeden Schattensänger seit den unseligen Ereignissen der Magischen Kriege. Viele, viele Winter waren seither vergangen, zahllose Generationen von camat’ay hatten sich seither im Etaímalon zusammengefunden, um zu warten und das ay’cha’ree zu schützen. Neu war, dass diese Gefahr nun buchstäblich bis an ihre Grenze gekommen war,

Nach und nach und immer noch miteinander tuschelnd verließen die anderen die Halle, und es wurde wieder still und dunkel. Sogar Meister Askýn machte sich wieder auf den Weg.

Er verharrte reglos, bis er allein mit ihr war. Dann wollte auch er sich erheben. Ohne die Meisterin eines Blickes zu würdigen, schickte er sich an, zu gehen.

„Sohn”, rief sie ihn, als er schon beinahe mit einem Fuß zum Portal hinaus war.

Er zögerte.

„Meisterin?”

Sie saß da, und in ihren silberleuchtenden Augen flackerte etwas Beunruhigendes.

„Ich habe Angst”, gestand sie ihm dann, zu seiner größten Überraschung.

Er wandte sich um und schaute sie an, versuchte, entspannt zu lächeln.

„Aber Meisterin … wovor? Ihr seid die Mächtigste des Kreises, und sie … sie sind nichts als unwürdige Verräter.”

„Ich habe keine Angst vor den Rotgewandeten. Ich habe Angst um dich.”

Er spürte, wie ihm sein selbstbewusstes Lächeln entglitt. Ein Schaudern störte seine maghiscal auf.

„Bitte”, fügte sie hinzu. „Du weißt, wie ich das meine. Du spürst es doch selber. Du spürst sie doch, deine Wut und Unzufriedenheit. Geh und übe dich darin, es zu bezähmen.”

Sie lehnte sich zurück und ließ die Gedanken fließen, hinaus aus dem, was sie an Körperlichem umgab. Sie lauschte. Damit war das Gespräch zwischen ihm und ihr beendet, zumindest für den Moment.

Er antwortete nicht, schaute sie nur eine Weile stumm an. Dann trat er auf den Korridor hinaus, blickte sich noch einmal zu ihr um und stutzte.

Sie hatte den Kopf gehoben, schaute in seine Richtung, aber an ihm vorbei. Ihr Blick glänzte silbern, ihre maghiscal tastete nach etwas, das er nicht wahrnehmen konnte.

„Ja”, murmelte sie, mit verschleiertem, silbernem Blick. „Ich erlaube es.”

Er hob verwirrt die Brauen und beobachtete sie noch einen kurzen Moment, aber es geschah weiter nichts. Sie versank in tiefer Meditation. Hier hab es für ihn nichts mehr zu sehen.

*

Sorgen machte sie sich also um ihn. Er schüttelte den Kopf und lachte bitter auf, als er sich in seine Kammer zurückzog und die Tür hinter sich schloss. Sorgen … was hatte sie sich Sorgen zu machen? Er war kein Wiegenkind mehr, kein schwaches Etwas, das es vor der Dummheit der Unkundigen zu beschützen galt. Damals, vor vielen Wintern, da hatte sie es getan, hatte ihn zu sich geholt und als Schüler genommen, noch bevor die Unkundigen wirklich begreifen konnten, welche Kräfte in ihm schlummerten … und welches Unheil geschehen konnte, wenn niemand sich seiner in der geeigneten Weise widmete.

An seine Herkunft und Vergangenheit erinnerte er sich nicht mehr. Kein camat’ay wusste, woher er ursprünglich gekommen war. Mit ihrem Eintritt in den Etaímalon gaben sie all diese belastenden Erinnerungen und ihre Kindheit ab und wurden in Noktámas Halle wie neu geboren. War die Berufung zu Noktámas Dienern ein schlechter Tausch?

Wahrscheinlich schon. Was wäre im Weltenspiel aus ihm geworden, wäre die Großmeisterin nicht eines Tages aufgetaucht, um ihn zu holen und einen mächtigen Magier aus ihm zu machen? Vielleicht war er der Sohn eines stolzen yarl gewesen, oder der eines fleißigen Bauern oder Handwerkers oder Bettlers. Einen großen Unterschied hätte das nicht gemacht, denn in seinem Alter wäre er zweifellos zwischenzeitlich in irgendjemandes Waffendienst gelandet. Allenfalls etwas bessere Waffen hätte er wohl im ersten Fall bekommen.

Menschenkrieger. Wie erbärmlich! Er ballte die Faust und formte aus seiner maghiscal einen kleinen harten Ball. Magie ließ sich werfen wie ein Stein. Gut gezielt, war sie besser als Schwert und Speer.

Einen Moment erfreute er sich an dem guten Gefühl der Energie in seiner Hand, Magie, die helfen und zerstören konnte, eben so, wie er es benötigte. Wäre nun einer der Rotgewandeten in der Nähe … sollten sie doch nur kommen! Er war vorbereitet.

Er sah sich im Raum um und seufzte ungeduldig. Wenn die Rotgewandeten wirklich in der Nähe waren, wenn die Regenbogenritter seiner spotteten, indem sie ihm und seinesgleichen zum Verstecken rieten … warum musste es dann kaum ausgebildete Schattensängerin sein, um zu lauschen, was sie planten? Er war überzeugt davon, dass er sogar die geheimen Gedanken der Rotgewandeten ergründet hätte, mit denen sie gewiss den nächsten Angriff planten und den sie, die Schattensänger, abwehren mussten.

Er zerdrückte die Magie in seiner Hand, und sie Energie floss zurück in seine maghiscal.

Vielleicht waren sie bereit, das Mädchen zu opfern? Sie vorzuschicken, weil sie verzichtbar war, ohne Meisterin? Oder wollten sie ihr eine Chance geben, sich zu beweisen? Was führte die Großmeisterin im Schilde? Und warum hatte keiner der anderen versucht, sich selbst einzubringen? Waren sie erleichtert gewesen, dass jemand ihnen die Entscheidung abgenommen hatte?

Er schaute sich um und betrachtete zerstreut die Bücher und Gerätschaften, die ringsum in den Regalen standen, sicher verwahrt und wohl gepflegt. Es waren nützliche Dinge, mit denen er umgehen konnte wie kein anderer Schüler neben ihm. Allein für ein persönliches Werkzeug hatte er sich noch nicht entscheiden können. Das war eine so wichtige Entscheidung, dass er sich nicht überstürzen wollte. Es hatte keine Eile damit.

Nachdenklich griff er nach dem silbernen Amulett um seinen Hals, ein auf der Spitze stehendes Dreieck. Schlicht und schön.

Er war mächtig! Warum wollte sie nicht, dass er die Rotgewandeten mit seinem Können … mit ihrem Können, dem, was sie ihn in all der Zeit gelehrt hatte, konfrontierte und ihnen klar machte, dass camat’ay alles andere waren als ein verängstigter Haufen von Feiglingen?

Er starrte feindselig auf die geheimen mächtigen Bücher, die er mit Feuereifer und Begeisterung gelernt hatte. Was nützte ihm sein Wissen und Geschick, wenn sie ihm verbot, es anzuwenden?

Mit einem Seufzer ließ er sich auf seine Bettkante sinken und versank in finstere Gedanken.

Warum begriffen sie nicht, dass er es sein würde, den Spuk zu beenden und die goala’ay in ihre Schranken zu verweisen?